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auf nach Bethlehem!
„tDie Han i fcös Kinö {o gern,
Daß i grad kunnt narrisch wer'n.
halsen wollt' ich's scho von eh',
wenn ihm nit der Bart tät z' weh.-
vor mir liegt eines der allerliebsten Krippenbilder von Matthäus Schiestl.
Ich glaube kühn behaupten zu dürfen, daß wohl kaum einer unserer heutigen
modernen Maler ihm an Innigkeit, Gemütstiefe und Wärme gleichkommt.
Ec besitzt ein Künstlerherz und ist dabei Loch so recht naiv, volkstümlich.
Gehen wir mit ihm einmal in das heilige Reich seiner weihnachtspoejie!
Krippe und Seele sind eins, hier, ja besonders hier, beim allerliebsten
Jesukind, bei der süßen herzigen Gottesmutter, dem guten, treuen Joseph,
bei den frommen, kindlichen Hirten werden wir warm, voll Liebe und Be
geisterung. verliefen wir uns mit Matthäus Schiestl ein wenig in das
Krippenideal!
Man hat begonnen, auch in der Krippensache rührig zu werden, vielerorts
ist man werktätig oder durch Wort und Schrift damit beschäftigt. Bisher
hörten wir nur von Kunstwerkstätten in München, Tirol, Bagern, Italien.
Stolz dürfen wir sein, daß in den letzten Jahren auch Rheinland und West-
falen ihre Stätten der Krippenkunst geöffnet haben. Wollt Ihr, liebe Bundes
schwestern, von mir etwas hören, was ich oder ich sage besser, „wir Krippen
freunde" vor einiger Zeit erlebten?
Da wurde in E. eine Krippenschau veranstaltet, di« erste im Rheinlands.
AIs Mitglied des Aufsichtsrates brachte ich täglich einige Stunden im Aus-
ftellungsgebäude zu. Die ersten Eindrücke all des wunderschönen, von dem
ich Luch erzählen möchte, waren: unsagbares Staunen, Erbauen, Freude,
Liebe, Begehren — kurzum: der Aufenthalt an der Krippe wurde uns
täglich mehr seelisches Bedürfnis.
was stellt Ihr Euch nun unter unserer Krippenschau vor? - Da waren
uns aus den besten Kunststätten Krippen zur Verfügung gestellt worden.
Als erstes muß ich die beweglichen Figuren erwähnen. (Andreas Lang:
Gberainmergau; Frau Lamers»vordermager: Eleve.) Köpfe, Hände und
Füße mit peinlichster Sorgfalt in künstlerischer Art geschnitzt, (Heinz Schiestl,
Bruder von Rudolf und Matthäus ist hier eifrig am Werk) Arme und Beine
aus Draht an einem Holzrumpf zusammengefügt, dazu eine gediegene, an
gepaßte Bekleidung. — war das ein liebreizendes Jesukindchen (als einzigste
unbewegliche Figur in dieser Art); eine Gottesmutter voll Zartheit und würde,
ein treusorgender Joseph, ein frommgläubiger Hirte! Alles war Seele, Leben!
Nun mußtet Ihr erst die Gruppierung sehen. Vas Kindchen im Körbchen, Maria
dahinter sitzend, Joseph stehend, mit einer Hand ein Kerzenlichtchen ab
blendend. Leben heißt: Sichbewegen. Nun denn: wir nahmen einen Esel
hinzu. Maria mit dem Kinde setzte sich darauf, und Joseph zog, wohl
bewußt seines Schützeramtes, mit den ihm Anbefohlenen nach Ägypten. Da
tat auch Raft not. In einer Gase an einem Brunnen (ein Mitarbeiter hatte
die Hintergründe mit dem Pinsel in künstlerischer Art entworfen) ließ sich
Maria mit dem Kinde auf dem Schoße nieder, Joseph beugte sich liebevoll
auf beide herab. — hervorheben muß ich hier besonders die Gruppen, die
Frau Lamers-Vordermager gestellt hatte. In ihrer Farbenharmonie, in
ihrem Ausgleich zwischen Bewegung und Ruhe standen sie einzig da.
Andere Künstler boten uns feste Figuren: Kaschierte, (Gsterrieder, Brüx)
Holzschnitzerei (lvittmann, hartmann), Gips- oder harlmassenaroeit (Mo-.,
mann). Alle waren in ihrer Art fein und fanden allgemeinen Zuspruch. Will
man auch in Zukunft bei den unbeweglichen Gruppen bleiben, so waren
die uns zur Verfügung gestellten geeignet, um endlich der kitschigen Fabrikware,
die bisher durchweg zum Krippenbau verwandt wurde, entgegenzutreten.
Allerdings nehmen die „lebendigen" Gestalten, vom künstlerischen Standpunkte
aus betrachtet den ersten Rang ein. Ein Übel, das man ihnen zuschreiben
könnte, wäre der preis. Doch was sagt Ihr dazu: Die HI. Familie, 20 cm
hoch, gekleidet 35 ^? Bedenket dabei den Kunstwert, die Möglichkeiten in
der Gruppierung, das stets wechselbare Bild. Und wenn es doch ganz und
gar unerschwinglich erscheint, nun denn: Begnügen wir uns erst mit drei
Figuren. Wunderbares läßt sich damit machen. Weihnachten wird das
Kindchen in die Krippe gelegt. Dann nimmt man ein Eselchen dazu, und die
HI. Familie zieht nach Ägypten. Unterwegs wird Raft gemacht. — Nach
und nach kann dann der Reichtum vermehrt werden. Ich bin mit unserm
Rundgang noch nicht am Ende, was sagt Ihr zu den allerliebsten Papier-
krippen? Gelt, Ihr zuckt nicht mit der Schulter oder schaut lächelnd darüber
hinweg? Ist die Führich-Krippe nicht überraschend schön? Ein Krippenfreund
hat sie mit Liebe und Eifer in seinen Feierabendstunden ausgeschnitten, auf
holz geklebt und sorgfältig ausgesägt. Moos, Rinden, Flechten mußten das
Material zum Stalle hergeben. Nicht wahr, das ist gar keine Papierkrippe?
Atmet uns nicht Leben entgegen? Und nun schaut nebenan das Krippchen von
Bachlehner! Lachen uns da nicht Tiroler Leute an? 3ur Liebe ein wenig
Geduld und ein paar Pfennige, und wir haben ein reizendes Kunstwerkchen.
Noch so vieles könnte ich von unfern herrlichen Tagen erzählen, wäret
Ihr alle doch hier gewesen! Vas mußte man anschauen. Meine kargen
Worte reichen auch nicht im mindesten hin, Euch in etwa alles vor die Seele
zu zaubern. Wieviel könnten wir daraus beruflich, namentlich für den
ethisch-ästhetischen Unterricht lernen! Ich hätte Luch einen Blick auf die
Gesichtchen unserer Kleinen gegönnt, als sie die Farbenpracht, die köstliche
Gruppierung und dann erst die beweglichen Figuren mit ihren Möglichkeiten
sahen. Bei den größeren Jungen wurde allgemein der Ausspruch kund:
„Ich wünsche mir vom Nikolaus einen Laubsägekasten. Dann steht bei uns
zu Hause Weihnachten auch solch eine schöne Krippe."
Nun sind die weihnachtstage schon dahin. Doch wir leben noch inmitten
rhrec Zauberwelt. In manchen Familien steht heute an Stelle der alten
steifen Krippe m reizendes Papierkrippchen oder sogar eine bewegliche Gruppe.
Zum Schluß, liebe Bundesschwestern! Nicht wahr, Ihr alle seid begeistert
für das Krippenideal? Gibt es doch kaum etwas Seelenvolleres. Edlerer!
Ist es nicht gerade für uns Erzieherinnen heilige Pflicht, dieses Ideal zu
pflegen und mitzuhelfen, daß die Krippenkunst immer mehr Anhänger ge
winnt? Line Organisation hat sich bereits gebildet und den großzügigen
Plan ins Auge gefaßt, alle Krippenfreunde in Rheinland und Westfalen
zusammenzuschließen, wir wollen miteinander das ganze Jahr hindurch fleißig
sein, um am weihnachtstage, und zwar von Jahr zu Jahr dem Lhristkino
näher zu kommen und den Zauber und die Lieblichkeit des heiligen wiegen»
festes immer tiefer zu empfinden und zu erleben. - Diese Idee geht aus
von unfern Franziskanern, an der Spitze Herr Pater Guardian Dr. h. Dausend,
Bonn. (Kreuzberg.) wir hoffen auf tatkräftige Mitwirkung und Unter
stützung durch unsere Kolleginnen, heran, tun wir alle mit! Es gilt für
uns, für unsere Kinder und unser liebstes Kind, das Jesulein in der Krippe!
Interessenten mögen sich an obige oder meine Adresse wenden.
Allen Bundesschwestern auch heute noch einen herzlichen wcihnachts»
und Neujahrsgruß! Gertrud Schmöle, Euskirchen (Rhld).
Segriffrbildnng im dritten Schuljahre.
wenn es sich auch im dritten Schuljahre nicht um die Bildung logischer
Begriffe handelt, so soll doch das Kind dieses Jahrganges zu einer
genügenden Kenntnis der Hauptmerkmale der Dinge seiner heimallichen
Umgebung geführt werden; um die Klärung dieser Begriffe bemüht sich
der gesamte spätere Unterricht.
Die sinnliche Anschauung als Mittel der Begriffsbildung findet auch
im dritten Schuljahre noch vielseitige Verwendung. Wenn cs sich z. B. bei
dem Gedicht „Die Heinzelmännchen" um die Tätigkeitsbegriffe zupfen,
rupfen, schaben u. ä. handelt, so führt hier Anschauung mit nachahmender
Selbstbetätigung zur Erkenntnis des Wortinhaltes. Im dritten Schul
jahre freilich kann noch etwas mehr getan werden; die Tätigkeit des
Zupfens kann mit der des Rupfens, die des Schadens mit der des Kratzens
an Beispielen verglichen werden. Alle diese Übungen sollen nicht un
mittelbar am Gedicht vorgenommen werden, sondern e als Sprach
lehre-Übungen in besonderen Stunden die Kinder beschäftigen.
Otto willmann weist auf die Bedeutung des Zweckgedankens für
die Begriffsbildung hin. Gerade im drillen Schuljahre fördert die Einsicht
in den Zweck die Erfassung des Begriffsinhaltes. Da kommt in einem Lese
stücke das Wort Herberge vor; sprachgeschichtliche Belehrungen wären im
dritten Schuljahre verfrüht; die bloße Vertauschung des Wortes mit einem
sinnverwandten, etwa mit Gasthaus, leistet zu wenig. Indem aber die
Lehrerin das Kind zur Erkenntnis des Zweckes einer Herberge führt, per»
mittelt sie das wichtigste Merkmal des Begriffes Herberge. Natürlich
muß der gesamte Unterricht dieses Schuljahres jede Gelegenheit ergreifen,
um die Zweckerkenntnis zu fördern; Gelegenheit dazu bietst insbesondere
der heimatkundliche Unterricht in seinen verschiedenen Zweigen.
häufig besteht die unterrichtliche Tätigkeit der Lehrerin darin, die
sprachliche Ableitung des Begriffswortes zu vermitteln. Den Inhalt
des Begriffe; Fährmann erfaßt das Kind, wenn es etwa folgende Wort-
reihe deutlich im Bewußtsein hat: fahren, führen, Fähre. Man erschrecke
nicht, es handelt sich hier nur um einfache sprachliche Belehrungen, für
welche die Beispiele aus der Umgebung des Kindes genommen werden.
Nur wenn der sprachkundliche Unterricht immer wieder Berührungspunkte
mit dem Sachunterrichte sucht, wird die Begriff-welt des Kindes bereichert;
die meisten zerpflückenden „Erklärungen" erübrigen sich dann bei jenen
Lehrfächern, bei deren es, wie z. B. im Leseunterrichte, auf die Erfassung
eines Ganzen ankommt.
Lehr beachtenswert rft der Gegensatz zwischen der Zerlegung eines
Gattungsbegriffes in Artdegriffe und dem Aufstieg von den Aribegriffen
znm Gattungsbegriff. Das Leichtere ist die Zerlegung; schon im dritten
Schuljahre können z. B. die Kinder zu dem Gattungsbegriff Krankheit
einige Artbegriffe (Masern, Grippe usw.) nennen. Der fortschreitende Un
terricht hat nur darauf zu achten, daß er von Zeit zu Zeit die schon früher
herangezogenen Artbegriffe zusammenstellt, etwa in der Form: Viesen Bauer
befiel die Grippe; nennt andere Krankheiten, die ihr kennt (oder: von
denen ihr schon gehört habt), viel schwieriger ist der Aufstieg von den
Artbegriffen zum Gattungsbegriff. Den Begriff Gewehr kennt — natürlich
nur in seinen Hauptmerkmalen — jedes Kind des dritten Schuljahres, aber
daß das Gewehr zu den Waffen gehört, muß wohl erst der Unterricht ver-
miltsin. Diesen Aufstieg vom Artbegriff zum Gattungsbegriff lasse sich die
Lehrerin im dritten Schuljahre besonders angelegen sein; diese so wichtige
logische Betätigung wird gefördert, wenn immer wieder bei passender
Gelegenheit innere Beziehungen zwischen Art- und Gattungsbegriff hergestellt
werden, wenn also z. B. nachgewiesen wird, inwiefern die Kartoffel ein
Nahrungsmittel ist. Lehr gut ist es, wenn sich die Lehrerin Verzeichnisse
anlegt, aus denen jederzeit zu ersehen ist, welche vegriffsgruppen schon zur
Behandlung gekommen sind.
Nicht zu übersehen ist auch der Unterschied zwischen der Hilfe, die das
hörende Erfassen der Wortinhalte gibt, und jener, die das Lesen bereit»
stellt, wenn die Lehrerin im dritten Schuljahre den Kindern anschaulich
zeigt, daß der Knabe auf das schwache Eis ging und sich dadurch in Ge
fahr begab, so versteht jedes aufmerksame Kind den Begriff Gefahr in
genügendem Maße. Im Lesen (Franz achtete nicht auf die Gefahr) kann
der übrige Inhalt des Stückes die Begriffsvermittlung übernehmen, etwa
indem der weitere Verlauf des Stückes die Rettung aus der gefahrvollen
Lage darstellt Ehe man also im Leseunterrichte an eine Begriffserklärung
herangeht, untersuche man, ob nicht das Lesestück als Ganzes den Begriff,
vorführt. Insbesondere werden oft die in der Überschrift vorkommenden
Begriffe aus dem Desamrinhalt abgeleitet. (Der hartherzige Nachbar.)
Bekanntlich bat schon Pestalozzi betont, daß die Anschauung nur ein
Mittel der Begriffsbildung ist. Auch heutigentags würden sich mancyS