58 Arbeiter-Jugend
und 3a wohnte, verausgabt' worden ſeien. Die jugendlichen Verteiler wurden entlaſſen
und ein Gtrafoerfahren gegen Timm eingeleitet. Die Vorladung zu einer kommiſſariſchen
Vernehmung befam aber nicht ich, ſondern mein alier Vater. Der alte Herr hatte
noh nie eiwas mit dem Gericht zu tun gehabt und war nun ziemlich erregi. Er beteuerte
dem Kommiſſar, daß er wirklich von nichts wüßte. Es nüßte aber alles nichts, er mußte
nac) Moabvii*). Der Vater tat mir leid, als er ziemlich barſch aufgefordert wurde, hinter dem
Gitter auf der Anklagebank Platz zu nehmen. Ich ſaß im Zuhörerraum. Auf die Frage
des Vorſitzenden erklärte mein Vater nochmals, von Flugblättern keine Ahnung zu haben
Der Vorſitzende bemerkte: „Das kennen wir ſchon." Die Zeugen wurden aufgerufen und
nun folgie die Gegenüberſtel lung. Die Kriminalbeamten erklärten, ven Timm auch nicht
au kennen. Die Verteiler hätten den Namen angegeben. Die jugendlichen Zeugen wurden
nicht vereidigt, weil ſie der Mittäterſchaft verdöchtig waren. Sie erklärten ebenfalls, den
Herrn auf der Anklagebank nicht zu kennen, Nun ging ver Vorſißende ins Feuer: „Wohnen
In dem Hauſe noch mehr Leute gleicgen Namens? Wie alt war der Timm, ver die Flug»
blätter verausgabt hat?“ Zeugen: „Ungefähr 20 Jahre.“ „Wie alt ſind Sie, Angeklagter?"
„3 Jahre.“ „Haben Sie Söhne?" „Ja.“ „Wie alt ſind die?" „15 und 19 Jahre.“ Vor
ſizender?: „Herr Amtsanwalt, haben Gie no< etwas zu bemerken?"
„Nein.“ Vorſitzender: „I< ſchließe die Sitzung." Cin Verfahren gegen mich
konnte nicht mehr eingeleitet werden, do die Veriährungsfriſt um drei Tage übere-
Ichritten war!
Heute brauchen wir dieſe Art Kampf nicht mehr zu führen.
praktiſcher Urbeit hingeben, und das iſt gut. Unſere Jugendarbeit hai desha!b auch heute
einen anderen Charakter ais früher. War früher auch manches luſtig im Kampfe mit der
Bolizei und erinnert man ſich gerne an dieſen over jenen Streich, ſo wünſcht man doc dieſe
Wir können uns mehr
Zeit nicht zurü&. Heute iſt die Bahn frei! =“ Nüßzt vie Zeit!
(Aus der Jugendbeilage des „Vorwärts“".)
- 2) Berliner Stadtteil, in dem das Kriminalgericht liegt,
2 AUS ver
Aus dem Bezirk Chemmiß.
Unſer Bezirk? hat in den leßien zwei Jahren
eine ungeheure Entwidiung in die Breite ge»
nommen, ver die Schulungs» unv Drgani-
ſationsarbeit nicht folgen konnte. 87 Orts5»-
gruppen waren nad) dem leßzten Suartals»
hericht dem Bezirk Chemniß angzeſchtoiſen.
53is in die entfernteſten Gebirgstäler des
ſächſiſchen Erzgobirces iſt der Gedanke ver
Arbeiterjugendbewegung gedrungen und hat
dort feſten Fuß gefaßt. ' Nun gilt es aber
aud), das gewonnene Neuland zu bearbeiten.
Bewaltiges iſt zu leiſten. Wo es infolge der
großen Entfernung Ed<wierigkeiten macht,
mit dem geſpromenen Wort zu „wirten,
Wollen wir ſchrifilich Aufklärung an die jun»
gen Genoſſen und Genoſſinnen heranbringen.
Beſonders ſollen den einzelnen Jugend-
gruppen die Echriften naſeres Verbandes Zus-
gänglich gemoc<t werden.
Bei einer Bewegung von ſo großem Um-
fang iſt vas natüriich nur mit Hilfe einer
ezirfszentrale zu machen, der zu
jeder Zeit geeianete Kräfte zur Verfügung
ſtehen. Wir haben uns de5hald in Chemniz,
wie es fa „auch in anderen Bezirken geſchehen
iſt, mit ver Ercichtung eines Jugendſekre-
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tariats beſchäftigt. Leider ſcheiterte die Atto
ſtellung eines Jugendſekretärs zunüchſt noch
an der Geldfrage. Noch Ueberwindung aller
Schwierigkeiten haben wir es nun aber ex»
reicht, am 1. Febrvar ein Sekretariat er»
öffnen zu können. Es wurde aus jungen
Genoſſen und Genoſſinnen eine Geſchäfts»
fommiſſion gebildet, die die Arbeiten neben»
amtlich leiſtet. Wir haben die feſte Hofſs
nung, daß es uns mit Hilfe einer jtrafferen
Geſchäftsführung und organiſatoriſchen Unter»
ſtüßung der Vereine gelingen wird, die Ar»
beiterjugendbewegung in unferem Bezirk?
nod) weiter vorwäris zu bringen.
Wir wollen dabei behilflich ſein, den
Grupven vor allem aud vie innere Kraft
zu geben, die zur Feſtigung und zum weiteren
Ausbay notwendig iſt.
Weiter wünſchen wir, daß ver Gedanke,
in den einzelnen Bezirken dur An»
ſtellung von Funktionären die
BVowegung zu fördern, in Parteitreiſen mehr
Blaß nreifen möge. Wohl läßt ſich Aufs-
flärungs- und BVildungsarbeit nicht dur
Gtatiſtiken meſſen, höGrens vie Zahl ver
Vorträge und Kurſe. Aber ich glaube, bie
guten Wirkungen unſerer Arbeit magen ſich