240 Frankreich 2c.
Frankreich in pädagogiſcher Hinſicht. In Frantreich blieb die
Verfaſſung der Univerſitäten, Privatſchulen, Collegien und Elemen-
tarſchulen ſeit dem Mittelalter faſt unverändert, bis die alles zer-
Förende und umgeſtaltende Revolution eintrat, welche auch die Unter-
richtsanſtalten nicht: ſhonte, wie alle geiſtigen Stiftungen. Doh
fühlte man bald, wohin dieß führen würde, und der öffentliche
Unterricht wurde nur als eine Nationalangelgenheit betrachtet. Vor-
treffliche Ideen ſprad) hierüber C. M. Talleyrand Perigord der Natio-
nalverſammlung 1791 in ſeinem „Rapport Sur llnstruction pu-
bligue“ vor. Aber ein ganz anderer Geiſt ſollte bald unter der
Kaiſerherrſchaft eintreten. =- Als die erſten Stürme der Revolution
vorüber waren , ſchien auc im Unterrichtsweſen Alles in die alte
Ordnung zurückzukehren, au; manches wohl durch liberalere Ideen,
welche in jener nicht zu verkennen waren, beſſer zu werden. Es
fehlte auch ni<t an Männern, die Über Unterrichtsmethoden , ſelbſt
elementariſche =- wie Francois de Neufchateau ſehr belle Anſichten
hatten und mittheilten. Wer möchte auch die Verdienſie des Abbe
'Epee und Sicards um den Taubſtummenunterricht, ſv wie die
Verdienſte Hauys (ſ, den Artikel „Blindenanſtalten“) u. A. um die
Blindeninſtitute verkennen? Seit aber ein erbliches Kaiſerthum
Napoleon 1. ſeit 1804 geſichert war, erlitten auf einmal alle Unter-
rihtsanſtalten eine Umgeſtaltung, die nicht blos ihre Namen änderte,
ſondern der öffentlichen Erziehung einen durc<aus militäriſchen Cha-
rakter aufdrückte. Auch der Lehrplan bekam eine neue Organiſation.
Alle Lehrgegenſtände, von denen ſich Gefahr für dieſe Zwecke
fürchten ließ, wurden aus dem Unterrichte verwieſen. Dahin gehörten
Geſchichte und das Leſen ſolcher Claſſiker, die ſelbſt unter dem Druc
des politiſchen Herrſchers no< republikaniſ<e Jdeen bewahrt und
zu äußern gewagt hatten. Selbſt die höhere Bildung dur< Ma-
thematik und Naturwiſſenſchaften , die no< am beſten gedieh, hatie
doch zuleßt nur Krieg oder Staatsökonomie zum lezten Zwe, wobei
jedo< durch den Eifer ausgezeichneter Männer, ſo wie durc< die
Kriege in fernen Ländern, einige Wiſſenſchaften zufällig gewonnen
haben. Uebrigens darf nicht verkannt werden, daß dieſer militäriſche
Geiſt beſonders in den Lyceen und Penſionaten manches in der
äußern Disciplin möglih machte, was einer liberalern Erziehung
nie ſo gelingen kann, und daß überhaupt die feſten Formen, an
denen die franzöſiſche Nation bei aller ihrer Beweglichkeit hängt,
auch manches Gute mit ſich führen. Die Rückkehr zur alteu Ord-
nung hat zum Theil die früheren Collegien - und Sc<ulverfaſſung
zurückgeführt. In der neuern Zeit hat Frankreich hinſichtlich des
Schulweſens durc) Nachahmung der Unterrichtsinſtitute in Deutſch-
land viel gelernt.
Eine vollſtändige Ueberſicht der früheren geſammien Lehrinſtitute
Frankreichs findet man in: