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ſinn , um das Schädliche als widrig zu vermeiden, und flößt das
richtige Gefühl für Reinlichkeit ein. Die Ausbildung dieſes Sinnes
hat aber auc< einen formellen Nuten für den Geiſt. Man nennt
einige vorzüglich geiſtvolle Männer, z. B. Haller, bei welchen dieſer
Sinn ausgezeic<net ſcharf war. Die Cultur des Geruchſinnes muß
überhaupt mehr mit dem Geiſtigen zuſammenhängen, als man bis-
her geglaubt hat. Auch lehrt die Erfahrung, daß Gerüche die Ner-
ven angreifen, daß gewiſſe Parfümerien den Geſchlechtstrieb reizen,
daß gewiſſe Blumen im Zimmer, namentlic< in dem Schlafzimmer,
Sclagflüſſe bewirken können. Es wird alſo auch in dieſer Hinficht
deſto wichtiger ſein, daß man dieſen Sinn nicht überreize, abſtumpfe,
verwöhne, ſondern naturgemäß und mit Vorſicht ausbilde. Viel-
leiht wird dadurc< etwas zur Verfeinerung des Geſ<hma>s und
des reinen Naturſinnes bewirkt, vielleiht wird dur< ihn die Späh-
und Unterſcheidung8gabe auc< in Hinſicht des Geiſtigen geübt, und
jener feine Tact mehr entwi>elt, der das weibliche Geſchlecht aus-
zeichnet, bei welchem eben dieſer Sinn gewöhnlich feiner iſt.
Geſangbuch und deſſen Gebrauch in der Shule. Das Geſang-
buch ſoll in der Schule die religiöſe Bildung der Kinder för-
dern helfen. Es iſt, in ſo fern aus demſelben geſungen wird, ein
Erbauungsbuch. Es ſoll aber auc; zur Belehrung über Re-
ligionswahrheiten dienen. „Der Lehrer“ -- ſagt Zerrenner, --
„leſe oft mit den Schülern Lieder und laſſe ſie den ganzen Jnhalt
derſelben auffaſſen und fühlen lernen, -- Die Kinder müſſen durc<
das Angeben des Sinnes der Verſe, dur< Erklärung ſc<wieriger
Stellen und durch Fleiß und Uebung, das dichteriſ<e Gewand von
dem einfachen Gedanken zu trennen, befähigt werden, mit Verſtand
und wahrer Erbauung ſowohl in der Kirche als in häuslicher Stille
ihr Geſangbuc< zu benußen. Unſre Kirchenlieder find meiſt dop-
pelter Art, entweder lyriſche, welche Gefühle ausdrü>en, oder di-
dactiſche, wel<e Belehrungen enthalten. Oft ſind auch beide
Elemente in einem und demſelben Liede verbunden und es iſt dann
ein gemiſchtes. Mit Recht ſagt Dinter: „Auch die Lieder ge-
hören zu den Lehrſtelleu, ſie müſſen folglich zu gleichen Zweden mit
ihnen benußt und auf gleiche Weiſe behandelt werden. -- Das
Auswendiglernen der Lieder dient zur feſten Ginprägung der
Religionswahrheiten. Zerrenner ruft in dieſer Hinſimt dem
Lehrer zu : „Laß öfters, beſonders auf kirc<liche Feſte, in den Ferien,
auch ſonſt, ganze Lieder, wozu du die Hauptkernlieder wählen mußt,
auswendig lernen, Laß auh beim Religionsunterricht zu jeder Haupfk-
lehre einen kräftigen Liedervers lernen. Kernſprüche der Schrift
oder inhaltreiche Lieder, von dem Gedächtniſſe treu aufgefaßt,
dienen am ſicherſten als Haltpunkte des religiöſen Glaubens in dem
Gemüthe. Oft ſind es die in der Jugend erlernten Sprüche und
Verſe, mit der nie erlöſhenden Auctorität göttlicher Wahrheit, welche