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unbeſonnen nennen muß, wobei ſie jedoH im Grunde recht haben.
Man würde ſie falſch machen, wenn man ſie deßhalb ſogleich ta-
delte. Ihre Unmanierlichkeit iſt zuweilen reiner AusdruF un-
verfünſtelter Natur. In reifern Jahren werden ſie ſ<hon fähig wer-
den, etwas von dem Conventionellen unter den Menſchen zu be-
greifen, und einſehen, daß Klugheit und Redlichkeit neben einander
beſtehen können. Dann iſt es Zeit, ſie darüber zu belehren.
Unſtätes Weſen und Ungeduld bei den Arbeiten und Beſchäf-
tigungen entſtehen gemeiniglih aus mangelndem Intereſſe an der
Sache, oder, weil man im Anfange der Flüchtigkeit und Oberfläch-
lichkeit zu ſehr nachgeſehen hat; darüber die meiſte Klage in den
Schulen, wo man Vieles vorträgt, was nicht für Kinder gehört,
und wo man oberflächli<? lehrt. Man ſc<afſe dieß weg und in-
tereſſire die Kinder, nicht dur9g Grleichtern, ſondern dur<g An -
ſtrengen nach dem Maß ihrer Kraft. Die Lebhafteſten werden
dann gerade die unermüdetſten ſein, Es liegt faſt iminer an dem
Lehrer, wenn die Schüler ungeduldig dem Ende des Unterrichts
entgegen ſeuſzen,
e&, Rite, Spalten im Shiffe, dur<; wel<e das Waſſer ein-
dringt.
"ection, Unterricht, Lehrſtunde, Verweis.
Lectüre, Leſen ; was man lieſt.
Lectüre und Bildung des Styls und Geſchmad>s
durc< ſie, Das Leſen correcter und in ihrer Art und nach
ihrem Zwe> muſterhafter Schriften hat wenigitens eben ſo viel
Antheil an der Bildung des Styls und ſpäterhin des richtigen
Geſchma>s , ſowohl im mündlichen, als ſchriftlichen Ausdru>k, als
die Regel, ſobald nur ſtets eigne Uebung hinzufommt, welche allein
die Fertigkeit geben kann, Der Lehrer aber halte hierbei auf ſtrenge
Auswabhl, obne welche grade die, welhe am meiſten leſen, nie zu
einer eignen Geſchmacsfeſtigkeit gelangen. Man ſehe auc< darauf,
daß mit Verſtand geleſen werde, das heißt mit Beobachtung des
Juhaltes und des Vortrags, und, damit die Schüler au< Beides
achten lernen, aug gemeinſchaftlich von ihm mit lehrreichen
Bemerkungen über Sinn und Sprache ununterbrochen es lejen. Auch
muß in der Reihenfolge der Schriften, womit man junge Leute
bekannt macht, ein gewiſſer Plan liegen, und man verhüte, wenn
man es irgend kann, daß die Schüler nicht zu früh ſelbſt das in
die Hände nehmen, was zwar claſſiſch iſt, aber no<g über ihre
Sphäre hinausgeht, und deſſen Genuß ihnen gleichſam aufgeſpart
werden muß, ſo wenig als das, was durch ſeine Originalität merk-
würdig ſein mag, aber ſic) deßhalb no<& nicht zur Nachahmung
eignet. Um aber das Geleſene noch tiefer einzuprägen, gewöhne
man theils frühzeitig an das Abſchreiben vorzüglicher Stellen, an
Auszüge, Nachahmungen ; theils laſſe man ſehr viel, aber wo mög-
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