Full text: A - L (1)

Lecküre der. Lehrer 533 
den ſind. Sollen jedoch auch dieſe den Zweck erfüllen, zur wirkli- 
<hen Ausbildung des Erkenntnißvermögens etwas beizutragen, ſo muß 
die Leſmng, beſonders anfangs, unter der Leitung des Lehrers ge- 
ſchehen, da ſonſt Kinder ſehr leicht, ſobald ſie fertig leſen können, 
zumal wenn ſie übrigens wenig beſchäftigt find, viele Stunden für 
ſim leſen, ohne darnach zu fragen, ob ſie aum das Geleſene ver- 
ſtehen. Dadurch wird aber Gedankenloſigkeit weit mehr als Nach- 
denkein befördert. Auc< no< hier muß man nicht auf das Viel- 
leſen, ſondern auf das Langſam- und Rechtleſen dringen, 
ſiM oft von dem Geleſenen Rechenſchaft geben , den Jnhalt wieder- 
erzählen , Urtheile darüber fällen laſſen , Einwürfe dagegen machen. 
In den reifern Jahren iſt die Benuzuug der Bücher zur weitern 
Bildung des Verſtandes und Herzens mehr die Sache der mora- 
liſ<en Erziehung und des eigentlichen Unterrichts. 
Gegen unerſättlihe Neigung zu leſen, gegen die Leſewuth 
kann man nicht genug ankämpfen. Durch Verbot erreicht man ſelten 
etwas; viel eher, theils durch Abſchneiden der Gelegenheit, theils 
und weit beſſer dur< Fürſorge für andere Beſchäftigungen 3 dadurch 
verhütet man am ſicherſten, daß der Kopf und die Phantaſie der Ju- 
gend nicht mit einer ungeordneten Maſſe von Jdeen angefüllt, in 
dem Herzen nicht Gefühle Jewe>t werden, die ſo lei<t dem Cha- 
rakter die ſchöne kindliche Ginfalt und Unbefangenheit nehmen; daß 
endlich nicht Vieles, was in reifern Jahren einen viel reineren und 
höheren Genuß gewähren würde, durc< zu frühe Mittheilung un- 
ſ<ma&haft werde. 
Lectüre der Lehrer, Der Umgang mit zwe>mäßigen Büchern 
iſt ein Hauptmittel zur Fortbildung der Lehrer. Der Hauptzwe> 
des Leſens ſei alſo das Lernen. Mit dieſem Hauptzwecke hängt 
aber auch die dem Lehrer ſo nöthige Fortbildung in der Sprache 
und im Styl zuſammen. Um Sprachkenntniße, Richtigkeit, Ge- 
nauigkeit und Gewandtheit im Ausdru> zu erlangen, giebt es kein 
beſſeres Mittel als das Leſen claſſiſher Schriften und den Umgang 
mit gebildeten Menſchen. Sucht man alſo die Sprachfertigkeit und 
den Styl nicht zu bilden, ſo läuft man Gefahr, ſelbſt die erlangte 
Fertigkeit zu verlieren. Dieß hat einen ſehr nachtheiligen Einfluß 
auf den Unterricht, denn darin liegt zum Theil die Urſache der Un- 
beholfenheit, des häufigen Sto>ens und Suchens nach den rechten 
Worten und Ausdrüken beim Vortrage. -- Der Lehrer wähle 
ſolH<e Bücher zu ſeiner Lectüre, die ſich vorzugsweiſe mit ſeinem 
Fache beſchäftigen. Viele oder gar alle pädagogiſche Zeitſchriften zu 
leſen, iſt nicht rathſam; lieber beſchränke man ſich auf einige we- 
nige und ſtudire dafür ein wiſſenſhaftliches Lehrbuh. Neben dem 
Guten und Brauchbaren findet man in den Magazinen der Zeit- 
ſchriften ſo viel Unreifes und Mittelmäßiges, daß der Gewinn der 
Lectüre oft ſehr gering iſt. Ganz zu entbehren ſind aber die
	        
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