636 Kinderwärkterinnen
ſhHlehten Eigenſchaften, und in den allermeiſten Fällen an< ſeine
Geſundheit wie Krankheit zu verdanken hat, weil ſie es ſind, mit
denen das Kind die meiſte Zeit umgehen muß, Würden die Mütter
ihre Kinder überhaupt ſo wenig als nur möglich Wärterinnen an-
vertrauen, oder würden ſie wenigſtens in dec Wahl und Beaufſich-
ti<tigung derſelben gewiſſenhafter zu Werke gehen, ſiherliH würden
ſie an ihren Kindern weit mehr Freude erleben, als dies zur Zeit
der Fall iſt, =“ Furcht, Ekel, leichtes Erſchreen, Aberglauben,
falſche Gemüthsſtimmungen ſind bei Kindern ſchle<te Angewöhnungen.,
die ſim in der Regel, ebenſo wie üble Gebehrden, dur< Nachah-
mung von der Wärterin auf das Kind übergetragen haben und in
den ſpäteren Lebensjahren nicht ſo leicht wieder abzugewöhnen ſind.
Eine mürriſc<e oder traurige, mundfaule, brummige Kinder-
muhme wird ganz gewiß aus ihrem Pflegling , dec ja ſeiner Pfle-
gerin Alles nachmacht, kein freundlich = lähelndes Kind erziehen,
wie dies ein redſeliges , heiteres, mit dem Kinde ſcherzendes und
tanzendes, ſingendes Kindermädchen thut. Freundlichkeit in
der Stimme und Miene, im Bli> und überhaupt im
ganzen Benehmen gegen das Kind iſt teshalb ein Haupt-
erforderniß einer guten Wärterin, denn dieſe Freundlichkeit übt den
größten Einfluß auf die Entwi>elung des Gemüthes im Kinde
aus. = Eine Wärterin, die vor Spinnen, Raupen, Würmern,
Mäuſen und dergl, Thierhen unter den Gebehrden des Schre>ens
oder Ekels Widerwillen zeigt, wird ſehr bald auch im anvertrauten
Kinde dieſen unverſtändigen Widerwillen erzeugen; ebenſo
wie die Furcht vor Gewitter, Finſterniß, Alleinſein u. dergl, recht
leicht dem Kinde durch ſeine Umgebung angewöhnt werden kann.
Sehr gefehlt wird von den Erziehern und Wärterinnen kleiner
Kinder während der Gntwi>elung und Ausbildung der Sprache,
die ja nur dur< das Nachahmen des gehörten Vorgeſpro<henen zu
Stande kommt. Anſtatt dur< deutliches und richtiges Vorſprechen,
ſowie durc< gleichzeitiges Vorzeigen der eben genannten Gegenſtände,
Laut und Vorſtellung in inniger Verbindung mit einander dem
Gehirne ordentlich einzuprägen, verunſtaltet man die meiſten Worte
und lehrt dem Kinde ein Kauderwelſch, welches ſich nur ſc<wer wieder
abgewöhnen läßt.“ |
Dru von A. M, Coldiz in Leipzig.