Full text: A - Dinter (1)

Auguſtinus. 355 
ſic) endlich aus ſeinen manichäiſchen Thorheiten und aus ſeinem weltlichen Sinne los«= 
ringt (aus jenen leichter als aus dieſem) ; = wie endlich die treue Mutter, die ihm 
dahin nachgegangen, ihn als einen neuen Menſchen wiederfindet, der ſich nach ernſter 
Vorbereitung in der Oſternacht 387 von Ambroſius taufen läßt. (An dieſen Moment 
knüpft die <hriſtlihe Sage die Entſtehung des ſogenannten ambrofianiſchen Lobgeſanges, 
ves Te Deum , der jedo< älter und ohne Zweifel morgenländiſchen Urſprungs iſt; bei 
Auguſtins Taufe nämlich ſoll Ambroſius begeiſtert in die Worte ausgebrohen ſein : 
Te Deum laudamus, Auguſtin habe ebenſo zugleich dichtend und ſingend reſpondirt . 
Te Dominum confitemur, und ſo fei ver ganze Hymnus das Werk dieſes Moments 
geweſen, indem jedes Zeilenpaar auf gleiche Weiſe von beiden Männern inmitten der 
Gemeinde geſungen worden , bis Auguſtin mit in te domine gsperavi geſ<loſſen habe, 
worauf Monica ihn mit den Worten bewillkommt habe: malo te christianum Augusti- 
aum quam imperatorem Augustum.) Ihres Lebens höchſten Wunſch hatte ſie erreicht ; 
furz darauf gieng ſie ein zur Ruhe. (Eine überaus anziehende Lebensſchilderung hat 
Ahlfeld gegeben in dem Scrifthen: Monica, ein Lebensbild ; Hamburg, Agentur des 
rauhen Hauſes, 1853. 55 Seiten.) ' 
So ſchön dieſes Bild hriſtlich-mütterlicher Liebe iſt, ſo düſter erſchien vem Auguſtin 
in feinen Mannesjahren ſein Iugendleben; helle glänzt daraus ver Name der Mutter 
hervor, aber ſowohl was er im eigenen Herzen getragen und verübt zu haben ſich er- 
innert, als was die Lehrer an ihm thaten und nicht thaten, das ſtellt ſich ihm als 
lauter Sünde und Thorheit vor Augen. Von hohem pädagogiſchem Werthe ſind in 
dieſer Beziehung ſeine Bekenntniſſe (Confessionum libri X; die neueſte, ſehr ſchöne Aus-= 
gabe, beſorgt von K. v. Raumer, iſt 1856, Stuttgart bei S. G. Lieſching erſchienen ; 
in demſelben Verlag erſchien 1838 (3. Aufl. 1856) eine mit Geſhma> bearbeitete deutſche 
Ueberſetzung unter dem Titel: „Die Bekenntniſſe des heiligen Auguſtinus als ein Zeuge 
nis <hriſtlihen Glaubens zur Anregung einer tieferen Gottes= und Selbſtkenntnis", aus 
dem Lateiniſchen übertragen von Georg Rapp). Schon in den erſten Regungen kindiſchen 
Cigenwillens erkennt Auguſtin (B. I. Cap. 7) die ſündige Begehrlichkeit und verfolgt 
die Züge der ſich aus dieſen Anfängen weiter entwickelnden Sünde durch alle Stadien 
hindurch bis zu den argen Berirrungen des Jünglings; überall kommt er zu dem Re- 
jultat: „Iſt das kindliche Unſchuld? Nein, ſie iſt es niht!" (Oder Cap. 12: tan- 
tillus puer et tantus peccator!) Ueberall findet er, daß alle die Entſchuldigungen des 
jugendlichen Böſen nichtig ſeien, daß es wirklich die Luſt am Böſen, an der Sünde 
als Sünde ſei, was zum Thun des Verbotenen reize (B. 11. Cap. 4 und 6.), Aber 
nie unterläßt er, auch der ſelbſt unter ſeinen Sünden ihn im Auge behaltenden gött- 
lihen Liebe zu gedenken und ſie zu preiſen, daß ſie ihn darin nicht untergehen ließ. 
(SB. IL Cap. 3: „Aber von ferne ſ<webte um mich dein treues Erbarmen ; überall 
züchtigteſt du mich, in welchen Pfuhl von Schändlichkeiten ich mich auc<: warf“; B. II 
Cap. 7: „Lieben will ich dich, Herr, danken dir und deinen Namen bekennen, daß du 
eine ſolche Sünde vergeben haſt; denn wem danke ichs, als deiner Gnade und Er- 
barmung, daß du meine Sünden ſ<melzteſt wie das Eis?“ B. 11. Cap. 11: „Du 
redteſt deine Hand aus der Höhe und rißeſt aus dieſer tiefen Nacht meine Seele, da 
für mich meine Mutter, deine Getreue, inniger zu dir weinte, als ſonſt Mütter ihre 
leiblih Todten beweinen. Sie ſah mic<h dem Glauben und dem Geiſte geſtorben, die 
ſie von dir empfangen hatte, und du erhörteſt ſie. Du haſt nicht verachtet ihre Thrä= 
nen, womit ihre Augen die Erde netten, wo ſie zu dir rief, o treues Erbarmen, und 
du erhörteſt ſie!) 
In der andern obengenannten Beziehung geben uns Auguſtins Jugenderinnerungen 
eine Zeichnung von der Bildungslaufbahn, auf die ſelbſt Chriſten, wenn ſie überhaupt 
eine wiſſenſchaftlihe und ſtaatsmänniſche Bildung erlangen wollten, angewieſen waren, 
weil keine eigenen <hriſtlichen Lehranſtalten beſtanden (die einzige Schule zu Alexandria, 
ſ. d. Art,, reichte natürlich nicht für Abendland und Morgenland aus, und war, außer=
	        
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