Cenſur. 765
thaten der Woche auch Bitte, Gebet und Fürbitte nach dem jedesmaligen Bedürfniſſe
zu verbinden, der auch in der Cenſur etwa beſonders angeregten Empfindung des Leh-
rer und Erzieherherzens Ausdru> zu geben und des Herrn vergebende unv heiligende
Gnade für die jungen Herzen und ſeinen Segen auf die Arbeit der Woche herabzufle-
hen, worauf die Schulgemeinde mit einem einfa<en Amen ſingend einſtimmt und ſo
das Siegel der Zuſtimmung aufprückt.
An dieſe Wochencenſur ſchließt ſich am Ende jedes Halbjahres b. die Halbjahres-,
und am Scluß jedes Schuljahres c. die Jahrescenſur. Dieſe letzteren unterſchei=
den ſich von der Woencenſur abgeſehen von der größeren Feierlichkeit dadur< , daß
aus den Tagebüchern die Summen gezogen, daß bei der Halbjahrescenſur alle Alters-
claſſen der Schule zuſammengenommen werden, der Jahrescenſur aber auch Eltern over
ſonſt Angehörige der Schüler oder Freunde der Schule anwohnen können. Die Jahres=
cenſur wirft ihren Bli nicht bloß auf das letzte Semeſter, ſondern auf das ganze
Sculjahr zurück und zieht einen Vergleich zwiſchen der erſten und zweiten Hälfte des=
ſelben. Die Summen und Durchſchnitte , welche der Ueberbli> eines größeren Zeitab=
ſchnittes ermöglicht, geben dem cenſirenden Schulvorſteher entweder Anlaß zum Aus=
drude der Befriedigung, der Freude, oder ſtellen auch no< vorhandene Mängel im gan-
zen und einzelnen auf eine für Lehrer und Schüler intereſſante Weiſe an's Licht. Je
nac<hdem die Lehrer mehr oder weniger oft ein Zeugnis der Zufriedenheit over des Ge-
gentheils niederlegen konnten, ſtellt ſich das Geſammturtheil über eine Claſſe ; je nach-
dem ſich am Schluſſe eines Curſes die Rubriken : Unachtſamkeit , Unordnung, Unfleiß,
Unart, Unwahrhaftigkeit 2c. mit Noten von einzelnen Schülern ausfüllen, bildet ſich das
Urtheil über die ſittliche Haltung ver einzelnen. Die Namen derer, welche gar nicht
oder am wenigſten notirt ſind, werden unter dem Augsdruce väterlicher Zufriedenheit
genannt, aber auch die Namen derjenigen nicht verſchwiegen, welche tadelnde Noten am
öfteſten nothwendig gemacht haben. ---
Der Hebel, welcher mittelſt einer ſol<hen dreifachen Cenſur in Bewegung geſetzt
wird, iſt die relative Oeffentlichkeit, dur< welche vie beiden wichtigen Triebe
der Ehre und der kindlichen Liebe angeregt werden. Mit der zunehmenden Publicität
wäcst die Stärke des Eindru>s, den das lobende oder tadelnde Wort auf den Schüler
macht, aber auch die liebende Rüdſicht auf Eltern und Angehörige, welche dadurch
erfreuend oder ſchmerzlich müßten angeſprochen werden.
Mit der Steigerung der Wirkſamkeit, welche das Cenſurwort vermöge der einfachen
oder verſtärkten Oeffentlichkeit gewinnt, wächst aber auch die Aufgabe für den Cenſor
ſelbſt, die dabei zu ſprechenden lobenden oder tadelnden Worte wohl zu wägen und ſich
nicht von der richtigen Mitte einer geſunden und weiſen Liebe zur Jugend ab in ge=
ſezliches Poltern oder langes Predigen oder gefühliges Klagen 2c. abziehen zu laſſen. ---
Daß neben dieſen Cenſuren mit dem Princip der Oeffentlichkeit die väterliche Ermah-
nung unter vier Augen hergehen kann und ſoll, ſowie, daß der pädagogiſche Takt man-
d<jes , was nicht für die Oeffentlichkeit der Cenſur ſich eignet, der trauliheren Behand-
lung vor dem Claſſenlehrer, dem Sculvorſteher oder Lehrercollegium vorbehalten werde,
dürfte faum no< beſonders zu bemerken ſein ; ausprülich aber ſei jede über die oben
bezeichneten Schranken des Sculpublicums hinausgehende Veröffentlihung der Cenſur-
ergebniſſe etwa dur< den Dru als unzuläßig abgewieſen. Das Verfahren ſei und
bleibe ein mündliches. --- Die Sclußcenſur fügt ſich am natürlihſten an die Scluß-
prüfung einer Schule an, und giebt ſo Gelegenheit, neben den erworbenen Kenntniſſen
und Fertigkeiten auch das ganze ſittlihe Leben der Scule vor ven Augen deſſen zu
prüfen , der uns alle einſt in die große weltabſchließende Cenſur ſeines Gerichts ziehen
und all unſer Thun in das Licht der großartigſten Oeffentlichkeit ſtellen wird.
Strebel.
Cenſurbuch, ſf. Schülerverzeichnis.
Cenſuren, ſ. Schulzeugniſſe.