Full text: A - Dinter (1)

Altersſtufen. Altklug. 73 
in Abend= und Sonntagsſchulen die Ergänzung des bei ihnen früher abgebrochenen 
geordneten Schulunterrichts finden. Die Jungfrau aber gehört in die Familie: was 
ſie lernt, wird nur dann ihr wahres geiſtiges Eigenthum , wenn in der Familie Theil- 
nahme und Verſtändnis dafür vorhanden iſt. Es mag zur Erweiterung ihres Geſichts- 
kreiſes und zur Beförderung der zu ihrem häuslichen Beruf erforderlichen Umſicht und 
Gewandtheit dienlich ſein, daß ſie vas elterliche Haus eine Zeitlang verläßt: eine aus- 
wärtige tüchtige Familie wird dann die beſte Bildungsſtätte darbieten ; jede Inſtituts- 
bildung aber ſchließt die Gefahr ein, daß in Bezug auf Auffaſſungsweiſe und Sitte 
gewiſſe andreſſirte Gewohnheiten ſich feſtſetzen und jene Unbefangenheit und Friſche 
der individuellen Auffaſſungs- und Aeußerungsweiſe ſtören, die ein ſo weſentliches Element 
der ſ<önen Weiblichkeit au8ma<t. G. Baur, 
Alterszulagen , ſ. Beſoly ung. 
Alterthumswiſſenſchaft , f. Claſſiſc<he Philologie. 
Altklug erſcheint uns jzunächſt verjenige, ver in ſeinem Urtheile eine reifere Er- 
fahrung durchblicken läßt, als ſeinen Jahren. angemeſſen iſt. Bei Kindern treten oft 
j<on früh ſolche altkluge Aeußerungen hervor, was indeſſen unverfänglich iſt, da Kin- 
der bei ihrer Neigung und Fähigkeit, alles aufzufaſſen, was ſie ſehen und hören, auch 
gelegentlich gewiſſe ſittliche und praktiſche Urtheile ſich aneignen, deren Bedeutung ſie 
keine8wegs erfaſſen. Aehnlich verhält es ſic) mit vielen analogen Erſcheinungen in der 
reiferen Jugend. Wenn Knaben und Jünglinge über vieles, was dem Horizonte der 
jugendlichen Erfahrung und Beurtheilung durchaus fern liegt, nicht ſelten ganz treffende 
Bemerkungen machen, ſo reflectirt ſich in dieſen zum größten Theile nur die in ihrer 
Umgebung herrſchende Anſchauung, welche die Jugend um ſo leichter aufnimmt, je weni- 
ger fie zu einer Prüfung derſelben befähigt iſt. Bedenkt man, daß es überdies nicht 
wenige Erwachſene gibt, die von dem, was der Zugend heilſam iſt, ein ſehr dürftiges 
Verſtändnis haben und, je einſeitiger ſie ſelbſt urtheilen, deſto befliſſener ſind, ihre 
praktiſchen und moraliſchen Grunvdſäte ver Jugend einzuprägen, ſo wird die hin und 
wieder auftauchende Altklugheit des Urtheils bei Knaben und Jünglingen um ſo ver= 
ſtändlicher. Wohl zu unterſcheiven aber von dieſen, immer doch vereinzelten Urtheilen, 
die wir altklug nennen, iſt das altkluge Weſen gewiſſer Kinder, welches weniger auf 
der Nichtigkeit und Reife der ausgeſprochenen Urtheile als vielmehr darauf ruht, daß 
ſolhe Kinder die kindliche Natur und das jugendliche Weſen überhaupt verläugnen und 
in einem Alter, in welchem die Unbefangenheit und Sorgloſigkeit des Gemüths, die 
Neigung zur Tdealität und die Phantaſie naturgemäß vorwalten, bereits den Stand-= 
punct der Reflexion und der beſonnenen Rücſiht auf die wirklichen Verhältniſſe des 
Lebens einnehmen. Was jol<he altkluge Kinder urtheilen, überſchreitet den Kreis jugend= 
licher Erfahrung fkeineswegs, vielmehr erſcheint es durch ven Gegenſatz zwiſ<en dem 
als vorherrſchende Anlage ſich geltend machenden Verſtande und zwiſchen vem dürftigen 
Reſultate ſeiner Thätigkeit oft geradezu komiſch ; aber daß das Kind reflectirt, wo 
andere dem unmittelbaren Drange der Neigung gehorchen, daß es praktiſche Be- 
denken geltend macht, über welche andere ſich von der Phantaſie ſorglos hinweg 
tragen laſſen, da ß es den realen Boden nicht verlaſſen kann, der für die andern bei 
der Erregtheit ihrer idealen Vorſtellungen gar nicht exiſtirt, vas iſt es, was das Kind 
als ein altkluges bezeihnet. Und wie das Uebergewi<ht der Phantaſie in der Jugend 
einen gewiſſen Reihthum der Vorſtellungen und eine tiefere Innigkeit der Gefühle er- 
zeugt, ſo <arakteriſirt 'ſich dieſe Altklugheit durch den beſchränkteren Kreis von Vor 
ſtellungen, in dem ſie ſich bewegt, und dur< die Nüchternheit der Gefühle, für welche 
ſie zugänglich iſt. Gleichſehr zu unterſcheiden von der Frühreife, in welcher das 
vorzeitige Erwachen idealer Richtungen, wie von der Blaſirtheit, in welcher die vor- 
zeitige Geringſchäzung idealer Beſtrebungen ſich darſtellt, iſt die Altklugheit mit beiden 
nur durc< den Umſtand verwandt, dem Alter, in welchem ſie auftritt, nicht natürlich
	        
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