Full text: Handbuch für das Berufs- und Fachschulwesen

132 Ernſt Schindler 
Halten und Anleiten wegen mangelnder körperlicher, geiſtiger oder ſittlicher Eignung, 
werden ſinngemsöß auf die Beſchäftigung Jugendlicher auszudehnen ſein. 
Betriebe, die Lehrlinge beſchäftigen wollen, werden vorher von der zuſtändigen 
geſeplichen Berufsvertretung als Lehrbetriebe anzuerkennen ſein. Die Prüfung, ob 
ein Betrieb zum Lehrbetriebe geeignet iſt, wird ſich einmal auf die perſönliche 
Eignung des Betriebsinhabers oder ſeines mit der Lehrlingsanleitung beauftragten 
Vertreters zu erſtrecken haben, die im Handwerk wie bisher durch eine Meiſter- 
prüfung nachzuweiſen ſein wird, das andere Mal auf die ſachliche Eignung des 
Betriebes. 
5. Prüfungsweſen, planmäßige Auswahl und Augsbildung der Lehrlinge, ſtändige 
Kontrolle der Lehrlingöhaltung durch ſachkundige Berufsgenoſſen ſind gegenwärtig 
allein im Handwerk möglich; nur den Handwerkskammern ſtehen die erforderlichen 
geſetzlichen Befugniſſe zu. 
Es wird dafür zu ſorgen ſein, daſz in den anderen großen Erwerbsſtänden 
ähnliche Grundſätze Geltung haben; die geſetzlichen Berufsvertretungen des Han- 
dels, der Induſtrie und der Landwirtſchaft werden alſo ähnliche Aufgaben und 
Befugniſſe erhalten müſſen wie die Handelskammern,. 
Das ſoll nicht heißen, daß nun etwa überall nach dem Vorbilde des Handwerks 
das Lechrlingsweſen geregelt und Geſellenprüſungen zwangsweiſe durchgeführt 
werden ſollen; aber die Berufsvertretungen ſollen das Necht haben, die beruf- 
liche Ausbildung Jugendlicher im Wege der Selbſtverwaltung zu ordnen, und die 
Pflicht, der ganzen Frage dauernd ihre Aufmerkſampeit zuzuwenden. =- 
Das ſind etwa die grundſäßlichen Forderungen, die an das künftige Geſetz 
zu ſtellen ſind. Nun ein paar Worte über die Art der Durchführung dieſer Grund- 
ſätze, alſo über die organiſatoriſchen Fragen. 
Einen neuen Behördenaufbau zu ſchaffen, der ſich ausſchließlich mit Fragen der 
Berufsausbildung Jugendlicher zu befaſſen hätte, wäre gänzlich verfehlt. Man 
wird ſich vielmehr an Beſtehendes anzulehnen, Unzulängliches auszubauen haben; 
Träger des geſamten Verfahrens werden alſo, wie ſich auch aus meinen Aus- 
führungen oben unter 5. ergibt, die geſeßlichen Berufsvertretungen ſein müſſen. 
Freilich nicht in der bisherigen Geſtalt. Ic< will hier nicht zu der Streitfrage 
Stellung nehmen, ob die geſetzlichen Berufsvertretungen, alſo die Kammern, pari- 
tätiſch ſein ſollen, oder ob neben die Meiſterkammer die Geſellenkammer, neben 
die Unternehmerkammer die Arbeiterkammer treten ſoll. Unzweifelhaft aber iſt es 
notwendig, daß die beſonderen Aufgaben, welche die Fürſorge für den beruf- 
lichen Nachwuchs an die Berufsſtände ſtellt, von Meiſtern und Geſellen, Unter- 
nehmern und Arbeitern als den beiden gleichberechtigten Faktoren des Berufs- 
ſtandes zu gleichen Nechten und Pflichten wahrgenommen und gelöſt werden 
müſſen. Daß dem einzelnen Lehrmeiſter, der in letzter Linie die Verantwortung 
trägt, das Recht der verantwortlichen Entſcheidung im Einzelfalle nicht weiter 
beſchränkt werden darf, als es die Rückſicht auf das Allgemeinwohl und den 
geſamten Berufsſiand erfordert, iſt ſelbſtverſtändlich. Die Regelung allgemeiner
	        
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