Die ländliche Fortbildungsſ<ule 245
verſchiedenen Schulverbänden angehören. Eine übergeordnete Selbſtverwaltungs-
inſtanz gibt es im Schulweſen durchweg nicht.
Es ſtellte ſich deswegen als notwendig heraus, für: die Durchführung der Fort-
bildungsſchulpflicht Vorkehrungen zu treffen, die es ermöglichen, daß man größeren
Verwaltungskörpern, wie 3. B. den Kreis-Kommunalverbänden (oder den ihnen
entſprechenden Selbſtverwaltungskörperſchaſten außerpreußiſcher Länder) die Mög-
lichkeit gab, für ihren Bezirk allgemein die Beſuchspflicht auch für die landwirt-
ſchaftliche Bevölkerung einzuführen, mit anderen Worten, für die landwirtſchaft-
liche Jugend ähnliche Möglichkeiten zu ſchaffen, wie ſie für die gewerbliche Jugend
durch die Reichsgewerbeordnung längſt geſchaffen waren,
Dieſe Möglichkeit iſt in Preußen durch das Berufsſchulgeſeß vom 31. Juli 1923
geſchaffen. Dies Geſetz bedeutet einen unverkennbaren Fortſchritt, befriedigt aber
inſofern noch nicht, als es nicht den allgemeinen geſeßlichen Berufsſchulzwang
einführt, ſondern es noch in das Belieben der Gemeinden oder Gemeindeverbände
ſtellt, das zu tun. Es regelt ferner nur die Beſuchspflicht, geht aber an der Pflicht
zur Errichtung und Unterhaltung von ländlichen Berufsſchulen vorbei, Das führt
hier und da zu eigenartigen Erſcheinungen. In einem Negierungsbezirk iſt 3. B. auf
Grund des 9 1, Abſ. 1, letzter Saß, die Beſuchspflicht für den ganzen Negierungs-
bezirk eingeführt. Dieſe Pflicht ſteht aber zum guten Teil auf dem Papier, da
ihr nicht genügt werden kann, weil keine Schulen vorhanden ſind, und niemand
gezwungen werden kann, ſolche einzurichten.
Der Fortſchritt macht ſich vor allen Dingen dadurch geltend, daß mehr und mehr
die Kreisverwaltungen die Negelung des ländlichen Fortbildungsſchulweſens in
die Hand nehmen, dieſes alſo immer mehr von der Gemeinde auf den Kreis über-
geht. Damit iſt auch die Möglichkeit gegeben, eine Negelung des ländlichen Fort-
bildungsſchulweſens zu treffen, die von den Volksſchulbezirken unabhängig iſt.
Auch die Regelung der Finanzfrage iſt ſehr viel leichter geworden, ſeitdem die
Kreiſe das Fortbildungsſchulweſen in die Hand genommen haben.
Aber die Schwierigkeiten bleiben auch in Preußen troß Berufsſchulgeſetz; ſie
ſind nur geringer geworden. Es gibt dort noch eine erhebliche Anzahl von Kreiſen,
die die ländliche Fortbildungsſc<hule nicht eingeführt haben. Cine jährliche Ausgabe
von 20 000 Mark bewilligt der Kreisausſchuß nicht ſo leicht, beſonders nicht für
ländliche Fortbildungsſchulen.
Die verwaltungsrechtlichen Schwierigkeiten werden in ihrer Wirkung dadurch
noch bedeutend verſtärkt, daß daneben auch wirtſchaftliche und ſoziale auftreten.
Was die gewerbliche Berufsſchule verhältnismäßig leicht Boden gewinnen ließ,
war der Umſtand, daß ſie ſich leicht in den gewöhnlichen Ausbildungsgang des
jungen Handwerkers eingliederte. Auch bei kaufmänniſchen Berufsſchulen war
infolge des Beſtehens einer kaufmänniſchen Lehre die Einführung verhältnismäßig
leicht. Größere Schwierigkeiten haben ſich überall dort ergeben, wo ein beſtimmtes
Lehrlingsverhältnis fehlte. Man mag im einzelnen über die Geſellenprüfung
denken, wie man will, ſoviel iſt ſicher, daß ſie an althandwerkliche Überlieferungen