344 Max Güttler
„Städtiſche höhere Webſchule“ und im Oktober 1855 in Krefeld eine öffentliche
Webeſchule mit Unterſtüßungen aus Staats- und ſtädtiſchen Fonds errichtet. Die
Aufgaben beider Schulen waren zunächſt verſchieden. Während die Schule in
Krefeld, dem Hauptplaß der Seideninduſtrie, auf eine große Zahl Schüler aus
dieſem Sondergebiete rechnen mußte, alſo ihre Ausſtattung und ihren Lehrplan
hierauf einrichten konnte, war die Anſtalt in Mülheim von vornherein darauf an-
gewieſen, Schüler aus weiterer Entfernung heranzuziehen, denn in Mülheim und
nächſter Umgebung wurde die Textilinduſtrie nur in ſchr geringem Umfange be-
trieben. Cs mußte deshalb auch ihr Lehrplan allgemeiner geſtaltet werden, und er
durfte nicht nur einen Sonderzweig berückſichtigen. Später wurde die Schule in
Krefeld im Sinne der Schule in Mülheim ausgebaut, es ſollte hier eine Art Hoch-
ſchule für die geſamte Induſtrie geſchaffen werden, ein Plan, der aber bald wieder
aufgegeben werden mußte, weil er ſich als undurchführbar herausſtellte. Über-
einſtimmend war bei beiden Anſtalten das Beſtreben, ſowohl Fabrikanten als
Werkmeiſtern und Muſterzeichnern für das Textilgewerbe eine zweckmäßige Aus-
bildung zu geben. Zu den drei genannten Anſtalten im Weſten des Landes traten
nach und nach weitere Schulen in den übrigen Teilen, namentlich in der an
Zextilunternehmungen reichen Lauſitz.
Eingangs der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts brachte die Regierung der
Förderung der Textilfachſchulen ein vermehrtes Intereſſe entgegen, indem ſic an-
fing, ſie nach einheitlichen Grundſäten mit Geldmitteln zu unterſtüßen,
3. Organiſation der Textilfachſchulen in Preußen
Im Jahre 1896 wurde das geſamte Textilſchulweſen einheitlich umgeſtaltet. Das
Lehrgebiet der damals beſtehenden Schulen, das ſich bei einigen auf die geſamte
Textilinduſtrie, bei anderen nur auf Sonderzweige erſtreckte, ſtand nicht immer im
Einklang mit den vorhandenen Lehrmitteln und mit der Anzahl und den Kennt-
niſſen der Lehrer. Weiterhin waren die Lehrziele ſehr verſchieden, es fehlte an
einem einigermaßen einheitlichen Lehrplane, und nirgends war Gewähr dafür
geboten, daß die angeſtrebten Lehrziele auch erreicht wurden. Um hier Wandel
zu ſchaffen, war es notwendig, tunlichſt gleichmäßige Aufnahmebedingungen zu-
grunde zu legen, Lehrgebiet und Lehrziel jeder Anſtalt zu begrenzen, alle Schulen
mit Lehrmitteln entſprechend auszuſtatten, Normallehrpläne zu entwerfen, die für
die Sonderlehrpläne als Richtſchnur dienen konnten, eine Schulordnung vorzu-
ſchreiben, durch Einführung von ordnungsmäßigen Abgangsprüfungen und durch
regelrechte Beaufſichtigung von fachmänniſcher Seite dafür zu ſorgen, daß die
Lehrziele auch wirklich erreicht wurden.
In bezug auf die verſchiedenen Lehrgebiete wurde es für notwendig erachtet, in
jeder Anſtalt nur den Sonderzweig der Textilinduſtrie zu lehren, der in dem
betreffenden Bezirke am meiſten vorherrſcht, und die übrigen Zweige nur inſofern
zu berückſichtigen, als die Hauptaufgabe dadurch nicht beeinträchtigt wird. Man