Full text: Handbuch für das Berufs- und Fachschulwesen

 
Handelsſchule und Höhere Handelsſchule 
Von Johannes Oberbah, Köln 
1. Geſchichtliche Entwicklung 
<on im Mittelalter ging neben der praktiſchen Lehre, die den jungen Kauf- 
mann vielfach in die Fremde, in die auswärtigen Kontore der Hanſa oder in 
die oberitalieniſchen Handelsöſtädte führte, eine Ergänzung durch Unterricht in 
Lateinſchulen, ſpäter in den Schreib- und Nechenſchulen, her. 
Lebhafter wurde das Bedürfnis nach einer ſchulmäßigen kaufmänniſchen Ausbil- 
dung im 18. Jahrhundert, Der erſte Plan zur Errichtung von Handelsſchulen, den 
der ſächſiſche Kommerzienrat Jakob Marperger im Anfang des Jahrhunderts ent- 
warf, gelangte nicht zur Ausführung. Das Bedürfnis nach einer beſonderen bürger- 
lichen Bildung führte 1747 zur Gründung der erſten Realſchule durch den Prediger 
He>ker in Berlin. An ſeine Schule ſchloß er bald eine beſondere Manufaktur- und 
Kommerzienklaſſe an, die als Handelsſchule anzuſehen iſt. Ähnliche Klaſſen wurden 
an den Schulen der Philanthropen eingerichtet. Selbſtändige Handelsſchulen wurden 
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, etwa in 20 Städten, eingerichtet. Am 
bekannteſten iſt die Handelsakademie von Profeſſor Büſch in Hamburg, die er von 
1771 bis zu ſeinem Tode leitete, und die Handelsſchule, die Friedrich Schulz in 
Berlin mit Unterſtüßung der Korporation der Kaufmannſchaft von 1791-1803 
unterhielt und die dann 1803--1806 als Königliche Handelsſchule weitergeführt 
wurde, 
Die verheißungsvollen Anfänge gingen in der napoleoniſchen Zeit zugrunde. Be- 
deutungsvoll für die weitere Entwicklung wurde das Vorgehen der Kramer-Innung 
in Leipzig, die 1831 eine Handelsſchule gründete. Dieſem Beiſpiele folgten die 
meiſten größeren ſächſiſchen Städte und eine Anzahl anderer Orte. Dieſe Schulen 
wurden ſpäter ſo umgebildet, daß der erfolgreiche Beſuch die Berechtigung zum ein- 
jährig-freiwilligen Dienſte gab. 
Handelsſchulen für junge Leute mit Volksſchulbildung wurden ebenfalls zuerſt 
in Sachſen 1872 durch Direktor Benſer eingerichtet. Dieſe Schulen ſollten von dem 
Beſuche der damals zur geſeßlichen Einführung gelangenden Pflichtfortbildungs- 
ſchulen befreien. In größerem Umfange entwickelten ſich dieſe Schulen erſt, als 
die Arbeitsteilung im Handel ein ſtärkeres Bedürfnis nach weiblichen Hilfskräſten 
wachrief und dieſe eine geeignete Vorbildung vor dem Eintritt in den Beruf ſuchten.
	        
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