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Kanzel ſyſtematiſch behandelt werden. Zweifel»
haſt möchte ich es indeſſen laſſen, ob nicht in der
Kirchengeſchichte auf der oberſten Stuſe höherer
Lehranſtalten eine zuſammenhängende Skizze der
U. Luthers zum Verſtändniſſe ſeines Auſtretens
u. der Geſchichte de3 ProteſtantiSmu3 gegeben
werden müſſe. Im übrigen ſind die dogmatiſchen
Gegenſäße im Anſchluſje an die Behandlung der
einzelnen katholiſchen Glaubenöſäße heranzuziehen.
In welcher Ausdehnung nac< Umfang u. Tieſe
dieſes geſchehen joll, hängt von mannigfachen Um»
ſtänden ab, namentlich von der Entwiklungsſtufe
der Zöglinge, den zeitlichen u. örtlichen Bedürſ»
niſſen, den zur Verfügung ſtehenden Stunden.
Gerade hier darf den Schülern nicht8 geboten
werden, wa3 über ihr Verſtändni8 hinausgeht.
LWWPo immer auc die k. U. behandelt werden, da
iſt die Wahrhaſtigkeit ſtrengſte Pflicht. Sie müſſen
im Sinne des Gegners dargeſtellt werden. In
der Inappen Form, die meiſt nottut, iſt das nicht
durchweg leicht. (f3 wird aud) von Nichtkatholiken
zugeſtanden, daß in diejer Sache die Katholiken
günſtiger daſtehen als der Proteſtantismus. Luther
jelbſt hat hier auf einen falſchen Weg hinüber-
geleitet. Er „kannte die alte Kirchen» u. Dogmen»
geſchichte zu wenig“, „in den Geiſt der Kirchenväter
hat er fich nicht verſenkt“ (Harnack); jo konnte er
durch Occam u. ſeine Schule über die katholiſchen
Glaubenslehren getäuſcht werden. Zudem war e3
ein ihn kennzeichnender Zug, im Intereſſe der Po=
lemik jich jelbſt u. noch mehr den Gegnern Verhälts-
niſſe un. Anſchauungen zuzuſchreiben, die, wenig-
ſtens wie ſie behauptet wurden, der Wirklichkeit
nicht entyprachen. Die auf Luther folgenden Vor-
kämpfer des Proteſtantizmus waren in dieſer Be-
ziehung gewiß nicht beſſer, zudem haben ſie aus
den Schriſten de3 Meiſter3 viele Unrichtigkeiten
entnommen ; ein Arſenal ſolcher bietet namentlich
da3 Konkordienbuch (1580). Karl v. Haſe3 „Hand-
buch der proteſt. Polemik gegen die römiſch-kath.
Kirc<e“ (? 1900) hat in der Neuzeit zur Ver
breitung der Irrtümer u. Vorurteile viel beige-
tragen. Die meiſten proteſtantiſchen Theologen
entnehmen nun ihre Auſſaſſung katholiſcher Zu-
ſtände u. Lehren jenen trüben Quellen. Mah-
nungen, ſelbſt von den eignen Glaubensgenoſſen,
wie Harnack, Dunkmann u. a., auch einmal katho-
liſche Lehr- un. Erbammgsbücher einzuſehen, ſind
vergeblich, darum iſt das Bild von den katholiſchen
Lehren, das auch offizielle proteſtantiſche Neligion3»
bücher ſowie Predigtfammlungen u. Zeitſchriften
geben, ſaft aun8nahmslo3 unwahr u. ungerecht.
Tazu kommt noch der ganz ſchlimme Brauch,
einen Gegenfaß zwiſchen der Lehre der Kirche u.
dem Glauben des Volkes anzunehmen. Pfarrer
KK. Haußleiter, deſjen Buch „Fürs Leben. DerKate-
<i8mus als Gabe für Konfirmanden u. Kon-
firmierte“ (111913) großen Anſtoß erregt hat,
bemerkt 3. B. bei „Von der Verehrung der Hei-
ligen“ in Klammern: „In Wirklichkeit macht das
Volk kaum einen Unterſchied zwiſchen Anrufen u.
Unterſuchungen, ärztliche -- Urlaub,
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Anbeten, E3 erwartet von den Heiligen die Hilfe,
die nur Gott bringen kann" (S. 146), u. beim
Ablaß: „Die meiſten Katholiken verſiehen aber
unter „Ablaß“ die Sündenvergebung, zumal da im
Glaubensbekenntnis dieſe Vergebung auch „Ablaß“
genannt wird“ (S. 148), So erhalten ſelbſt die
gebildeten Proteſtanten, wie überhaupt von katho-
liſchem Weſen, ſo auch vom Dogma ein Zerrbild.
Wie Prof. v. Nuville ſprechen viele Proteſtanten,
die zur katholiſchen Kirche übertreten: Soon nach-
dem ich einige Kenntnis von der katholiſchen Ne-
ligion erhielt, ſah ich klar, „daß ih von Jugend
an ganz falſch über dieſe Kir<he unterrichtet worden
war“ (Zurück zur heiligen Hirche [ '*-12?21910]
24). Dieſe ſalſchen Vorſtellungen von unſern Leh=
renhindern auch gutgeſinnte Proteſtanten an deren
richtiger Beurteilung u. machen ein gegenſeitiges
Verſtändnis ſchwer, wenn nicht ganz unmöglich.
Wo kk. U. im Religionsunterricht behandelt
werden, muß dieſes ſchließlich ohne Polemik ge-
ſc<ehen. Dieſe läßt Herz u. Gemüt kalt, ſtößt
friedliebende Naturen ab u. erzeugt, wenn ſie nicht
geſchi>t geſührt wird, den Eindruck, als ob in der
eignen Sache doch nicht alles in Ordnung ſei.
Bei der Jugend ſindet ſie erſt recht keinen An-
flang, fie iſt darum im Schulunterrichte unpſy<o=-
logiſch u. mithin unpädagogijc<. Das Bewußtſein
von der Wahrheit der eignen Neligion u. die Liebe
zu dem Jrrenden laſſen bei aller entſchiedenen
Ablehnung des Irrtum3 die dogmatiſchen Diſſe-
renzen „recht liebevoll, ſchonend u. milde“ be-
urteilen (Möhler). Dieſes Vorgehen wurde, wic
Hirſcher mit dem Hinwei3 auf Franz v. Sales
(1. d.) richtig bemerkt, von den beſten Katholiken
ſtet3 gefordert. Nicht kann dieſes Lob im allge-
meinen aber von den Proteſtanten gelten. Die
die8bezügliche Literatur ſowie Berichte von Kon-
vertiken über den mündlichen Unterricht legen vie!-
ſach ein betrübende3 Zengni3 ab (vgl. Ruville
a. a. O.).
Literaturiſt auf kath. Seite f. d. prakt. Ver-
wert. der lk. U. ſehr ſpärlich, Außer d, im Texte
gen. Werken vgl. W. Heile, Unkenntnis Anders-
gläubiger in catholicis (1908); V. Cathrein, Glau-
ben u. Wiſſen (1911); G. Menge, Die Wiederver-
einigung im Glauben, Bd 1: Die Glaubenöeinheit
(1914) 181 ff 217 ff. [I. Hoffmann.]
Unterſuchungen, ärztliche, ſ. Schularzt.
Unverſchämtheit ſ. Frechheit.
Unverträöglic/. Friedſertigkeit, Streitſucht,
Unzucht ſ. Unkeuſchheit.
Unzuſriedenheit ſ. Zuſriedenheit, Schul-
verdroſſenheit.
Urlaub, Unter, verſteht man die zeitweilig,
u. vorübergehende Entbindung von dienſtlicher
Geſchäſten. Soweit er Beamte u. Militärperſone:
angeht, iſt er dur< beſondere Dienſtvorſchriftei
geordnet, ſür die deutſchen Neichöbeamten durc
die BVerordn. v. 2. Nov. 1874. Für die Lehr
fräſte hat jeder Staat beſondere Geſeße u. Ver
ſügungen.