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über jeden veraus8gabten Pfennig kann ich mich
nur teilweiſe befreunden. Bei jüngern Kindern
iſt ſie nicht bloß zuläſſig, ſondern auch nötig,
da dieſe erſt an den Gebrauch des Gelde3 ge=
wöhnt werden müſſen. Allmählich ſollte jedoch
dieſe oſſene Nachprüfung zurücktreten u. durd)
ethiſche Einwirkungen u. vernünftige Belehrungen
(3. B. hinſichtlich de3 Tabakrauchens, ſ. d.) erſeßt
werden, Bei ältern Schülern würde eine verartige
Überwucdhung nicht bloß einen Haupterfolg des
T. zerſtören, nämlich die Selbſtändigmachung des
jungen Menſchen u. das daraus entſpringende ge-
junde Selbſtvertrauen, ſondern nicht ſelten auch
zur Verlogenheit führen. Dagegen leite man gerade
die reifern Zöglinge an, für ſich ſelber über Ein-
nahmen 1. Aus8gaben lüdenlo3 Buch zu führen u.
beide miteinander in Einklang zu bringen. Schon
mancher iſt auf dieſem Wege zur Führung der
Hausgeſchäſte befähigt worden u. vor Schulden-
machen u. Verſchwendung bewahrt geblieben. Wer
als Schüler mit ſeinem kleinen T. richtig haus-
zuhalten lernt, wird al8 Student auch mit dem
Monatswechſel auszufommen wiſſen. =“ Der Ent=
wicklung zum Geize begegnet man am beſten da=
durc<, daß man die Kinder früh gewöhnt, ent-
weder ſür die eigne Entwicklung u. Förderung od.
für Zwecke der Wohltätigkeit regelmäßig einen
Teil des T. zu opfern (ſ. Luxus) z „in einem ſolchen
Falle würde der Spartrieb wunderbar geadelt durch
die heilige Carita8, mit welcher er verbündet iſt“.
Literatur. A. H. Niemeyer, Grundſäße der
Erzieh. u. de8 Unterr. 1 (91834); V. E. Milde,
Lehrb. d. allg. Erziehungskunde, 88 246/249; G.
A. Nayneri, Pädag. i. 5 Büchern (Bibl. d. kath.
Pädag. XVI [1909] 632 ff) ; L. Habrich , Pädag.
Pſychol. 111 (1912) 180 ff; J. Hoffmann, Die Er-
zieh, d. Jug. i, d, Entwicklungsjahr. (? » 31913)
100. -- Gegen das T. der Mädchen äußert ſich K,
v. Raumer, Geſch, d. Pädag. 111 (81897) 406 ff.
[C. M. Noloff.]
Taſtſinn ſ|. Wahrnehmung, vgl. auch Ge-
fühl, Sinne8übung.
Tätigkeitstrieb, 1. Weſen u. Entwick
lung. Jn jedem Menſchen ringen Betätigung u.
Auswirkung der Kraft einerſeit3, Hinnehmen u,
Genießen anderſeit8 gleichſam miteinander. Schon
baid nach der Geburt zeigt ſich Unzuſriedenheit
mit bloß paſſivem Verhalten ; mit der Gebrauchs=
ſähigkeit der Glieder kommt der T. zur Geltung.
Zunächſt aus dem natürlichen Bedürſni8 der Auf-=
wendung der Kraſt hervorgegangen u. zur Stei-
gerung des körperlichen Behagen8 vorgenommen,
beſchränft ſich der T. auf die körperliche
Seite. Es kommt hierzu al8dann die Sammlung
von Erfahrungen, die zuerſt im Gedächtnis auf=
geſpeichert, dann verknüpft u. verarbeitet werden :
geiſtige Tätigkeit ſchließt ſich an. Wie ſchon in
der erſten Entwi>lung Hinderniſſe, die ſich der
Beſriedigung des T. in den Weg ſtellen, mit
Äußerungen der Unluſt begleitet werden, ſo ſtellen
ſich auch ſpäter beim unbeſchäftigten od. in unge-
eigneter Weiſe ſich betätigenden Kinde Änßerungen
Taſtſinn -- Tätigkeit3trieb.
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de38 Mißbehagens ein, die vielſach als Ungezogen=
heit, unleidliche8 Benehmen gedeutet werden, in
Wirklichkeit aber Gradmeſſer falſcher erziehlicher
Beeinfluſſung ſind. Der T. macht die Entwick=
lung von der äußern körperlichen Beweglichkeit
durch da8 Spiel (ſ. d.), in dem die Kräfte ge=
braucht werden ohne ſeſte3 Ziel, zur Arbeit (ſ. d.)
durch. Das erſte Stadium fällt ins Säuglings-=
alter, das zweite in die vorſchulpflichtige Zeit.
Vom 6. Lebens8jahre an wird ſodann in mehr od.
weniger raſcher Entwicklung das Kind vom Spiel
zur geregelten Arbeit geſührt. Für den mit der
Beſriedigung des T. verbundenen Seelenzuſtand
iſt das Vorhandenſein luſtbetonter Gefühle <a-
ralteriſtiſch. Wird nicht nur oberflächlich u. mit
halber Kraft den Impulſen des T. gefolgt, iſt noh
dazu mit der Tätigkeit Gelingen verbunden, ſo
ſtellt fich jene freudige Stimmung u. Luſt ein,
die wohl nicht der Zwe> der Tätigkeit, aber ein
die Perſönlichkeit3entwilung fördernder Faktor
iſt. Schaffende Arbeit birgt das Erleben der Luſt-
gefühle beſonders ſtark in ſich.
11. Bedeutung. Der T. führt das Kind zur
Sammlung der Erfahrungen, die die Grundlage
all unſrer Kenntniſſe u. unjres Wiſſens au8machen.
Willmann weiſt in dieſem Sinne auf das treff=
lic<e Wort.v. Naumers zuſtimmend hin: „Durch
Leſen lernt man das Tun nicht kennen, auch nicht
dur<4) Zuſehen, Erklären= u. Beſchreibenlaſſen,
ſondern ganz vorzüglich durch Selbſtüben“ (Di-
daftif [*1909] 409), Hier iſt die Bedeutung der
aktiven Formen des Bildungs8erwerbs gegenüber
den paſſiven deutlich zum Ausdru> gebracht. An
die Selbjtbetätigung iſt ſodann die Willensentfal=
tung gebunden; denn gerade in der richtigen
Tätigkeit liegt die Wurzel für die fühl- u. ſicht=
bare Pflege des Willens, In der geleiſteten Ar=
beit an dem dur eigne3 Tun geſchaffenen Werk
liegen Maßſtäbe für die aufſgewandte Willensfraft
vor, jowohl hinſichtlich deſſen, was an Energie zur
Betätigung aufgewandt wurde, wie hinſichtlich
deſſen, was an Willenskraft lebendig wurde, um
Hemmungen niederzuringen. Daraus geht ſchon
hervor, daß in der rechten Befriedigung des T.
eine ſtarke Hilfe für die ſittliche Entwieklung ge-
geben iſt; abgeſehen davon, daß der T. gleichſam
eine natürliche Schußeinrichtung gegen den der
ſittlichen Entwicklung gefährlichen Müßiggang
bildet, ſtellt er das ganze Leben de3 Menſchen
auf eine höhere Grundlage, die vom epikureiſchen
Standpunkt des Genußmenſchen zum Leben in
treuer Arbeit führt. Der Genußtrieb (f. Genuß»
jucht) möchte zum behaglichen Vertiefen in die
zuſtrömenden LebenSreize verleiten ; dem hält der
T. die ſittlich höherſtehenden Güter der Arbeits-
ſreude, der hoſſnungsfrohen, tatenfreudigen Stim=
mung des Erfolges entgegen. Wo auf dem Boden
des T. zu einem Leben der Arbeit erzogen wird,
da hat jene mißvergnügte Stimmung, die im
Widerwillen gegen alle Leben8regungen, in Leben8=
efel 1. =überdruß ihren Au8dru> findet u. die in