Full text: Sulzer bis Zynismus (5)

757 
Die Schuld an der Züchtung ſolcher w.en Ge- 
ſtalten trägt weſentlich unſer mißverſtandener 
Perſönlichkeit8kult, die weichliche Luxusſucht (ſ. 
Luxus) u. der irregeleitete Modegeſ<ma>, bei dem 
das Haſchen nah „Mondänem“ da3 alte Jdeal 
wahrer Männlichkeit verdrängt hat. Das törichte 
Streben weiter weiblicher Kreiſe nach Gleich- 
machung u. Gleichbehandlung der Geſchiedier 
trug zu dieſer unmännlichen Entwicklung des 
Manne3 nicht wenig bei. Die Einwirkung der 
Frau auf da3 Verhalten u, die Lebensführung des 
Manne3 iſt ja dur alle Jahrhunderte von aus= 
ſc<hlaggebender Bedeutung geweſen. 
11. Behandlung. Kleinere w.e Züge u. Un= 
arten bei Kindern ſind nicht allzu tragiſch zu 
nehmen, da ja der Geſchlec<ht3unterſchied in den 
erſten Leben3jahren nur wenig deutlich wird. Beim 
Eintritt ins Jünglingsalter verſchwinden ſie meiſt 
ganz von ſelbſt. Oſt genügt ein Blick od. ein 
mittelbarer Hinweis des Lehrer38, damit der 
Schüler eine w.e Angewohnheit aufgibt u. ſeine 
unmännliche Launenhaſtigkeit (ſ. d.) beherrjhen 
lernt. Cwige3 Moraliſieren, das ſelbſt ein w.e3 
Mittel iſt, u. Lächerlihmachen laſſen gleichgültig 
u. verbittern. Lektüre wirkt meiſtens mehr auf den 
Intellekt als den Willen. Al8 Vorbild einer 
fraſtvollen Perſönlichkeit, die ſich ſchon in der 
äußern Haltung widerſpiegeln muß, wird der Er= 
zieher am beſten erziehen. 
Bei ausgeſprochen w. angelegten od. entwickel= 
ten Jungen empfiehlt ſich völliger Wechſel der 
Umgebung. Bei zu alten Eltern, bei Schweſtern 
od. Tanten muß ein Knabe mit feinem unent= 
wickelten Charakter ohne gleichaltrige Geſchwiſter 
u. Kameraden verweiben. Nur zielbewußte Arbeit 
de3 Erzieher3 an ſeinem Zögling kann zum Er= 
folg führen. Der geiſtige Führer muß ein Mann 
von Herz u. Gemüt ſein, deſſen Weſen Tatkraft 
atmet, der weiß, daß ungeduldige Barſchheit eben= 
jo ſchädlich wirkt wie ſchwächliche Nachgiebigkeit 
(f. d.) u. ſpieleriſches Anſaſſen (ſ. Spieleriſch). 
Sol< kernhafte Erziehung iſt beſonder8 durc 
Hauslehrer (f. d.) u. in IJnternaten (f. Anſtalt3= 
pädagogit) möglich. Hierbei iſt als wichtigſter 
Faktor zu bedenken, daß neben der bedeutſamen 
Aufgabe körperlicher Ertüchtigung des Zöglings 
dur< einfache, geſunde Lebensweiſe , vernünſtig 
betriebenen Sport (ſ. d.) uſw. die Geſundung nur 
dur< planmäßige Beſeitigung der moraliſchen 
Haltlofigkeit erzielt werden kann. Vor allem wee 
man edeln Ehrgeiz, feſte Tatkraſt u. ernſte Ver- 
antwortlichfeit durc< kleine Aufträge u. Ämter, 
Nicht nur beim Lernſtoff, ſondern bei jeder Be= 
ſchäftigung, auch bei Liebhabereien, dringe man 
auf pünktliche, ſorgfältige Arbeit u. völlige Durch= 
führung, bevor etwas Neue3 vorgenommen wird. 
Machen ſich beim Zöglinge gelegentlich antiautori= 
tative Stimmungen u. Handlungen bemerkbar, 
ſehe man fie nicht ohne weitere3 bloß als ſchlimm 
an. Selbſt in den merkwürdigſten Äußerungen - 
Weiblich -- Weibliche Lehrorden. 
 
758 
kommende Männlichkeit an. Dem Erzieher muß 
e8 eine Freude ſein, dieſe Waſſer in das richtige 
Bett zu leiten, allmählich zurückzutreten u. nur 
leiſe Berater u. Freund zu ſein, 
Der Weltkrieg mit ſeinen unerhörten Anforde- 
rungen hat dem w.en Äſthetentum da3 LebenSlicht- 
lein ausgeblaſen u. das alte deutſche männliche 
Fdeal innerer un. äußerer Zucht u. Tatkraft wieder= 
hergeſtellt. Er hat auch den grundlegenden Unter= 
ſchied der Geſchlechter, den „anglo=-amerikaniſche 
Herzen8öde“, wie Friß Bley ſagt, zu verwiſchen 
drohte, wieder aufgede>kt. Nur das Weib, das 
ſeine natürliche weibliche Cigenart zu entwickeln 
ſtrebt, kann den kraftvollen Mann hervorrufen. 
Des idealen Geiſtes von 1914, des männlichen 
Geiſtes der Genügſamkeit u. Zucht, bedürfen die 
Überlebenden erſt recht, wo die unſerm Volke neu 
zugewiejenen Aufgaben die Anſpannung aller 
Kräfte ſordern, wo der Jdealiamus einen harten 
Kampf mit den dunkeln Mächten der roheſten 
Selbſtſucht u. der niedrigſlen Habgier u. Genußs= 
ſucht, die auch im Kriege an unferm Blute ſaugen, 
zu beſtehen haben wird. [E. Bender.] 
Weiblich |. Weiblichkeit. 
Weibliche Erziehung |. Mäddenerzie- 
hung; vgl. auch Gemeinſame Erziehung, Knaben 
u. Mädchen. 
Weibliche Handarbeiten |. Handarbeits- 
unterricht für Mädchen. 
Weibliche Lehrorden. 1. Allgemeines, 
Nach den „ausführlichen Negeln“ des hl. Baſi- 
lius d. Gr. (f. d.) wurden ſchon im 4. Jahrh. in 
den morgenländiſchen Klöſtern Waijſen= u. 
gottverlobte Kinder erzogen u. unterrichtet. Das 
Oblateninſtitut ſand ohne Zweiſel auch in den 
erſten Frauenklöſlern Kappadoziens Eingang. 
Ausdrücklich berichtet des hl. Baſilius Bruder, der 
hl. Gregor v. Nyſſa (geſt. nach 394), im Leben 
der hl. Makrina (bei Migne, P. gr. XLYVI 988), 
daß dort Waiſenmädchen „gepflegt, genährt u. zu 
einem guten Wandelangeleitet wurden“, Ob außer= 
dem no andre Mädchen in den Klöſtern erzogen 
wurden, ſteht nicht feſt, läßt ſich aber mit Wahr- 
jeheinlichkeit daraus folgern, daß in den Männer- 
klöſtern auch jolche Kinder Auſnahme fanden, die 
nur einige Zeit dort verbleiben ſollten, ja daß 
vielleicht ſchon Externe dort unterrichtet wurden 
(vgl. K. Weiß, Die Erziehungslehre d. drei Kap-= 
padozier [1903 ; Straßb. Theol. Studien, V. Bd, 
3. 1. 4, Oft] 120/122). 
Die Erziehung8- u. Unterrichtstätigkeit ward 
ſofort au<) von den abendländiſchen Frauen= 
tlöſtern übernommen. Nach der älteſten uns be= 
kannten Nonnenregel, nach 512 vom heiligen Erz= 
biſchof Cäſarins8 von Arles (geſt. 543) verfaßt, 
jollen alle Nonnen lejen u. |<hreiben lernen u. 
gottverlobte Mädchen, jedoch nicht unter 6 bis 
7 Jahren, im Kloſter Unterricht erhalten. Einer 
eignen, den ältern Schweſtern entnommenen PVor- 
maria, die von andern ältern Nonnen unter= 
dieſer Art kündigt ſich Selbſtändigkeitsdrang, ; ſtüßt wurde, oblag die Au8bildung der jüngern
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.