Full text: Sulzer bis Zynismus (5)

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IIT. Wirkung der 3, Der unmittelbare Ein» 
fluß der Z, erſtre>lt ſich zunächſt auf die tätigen 
Organe : Muskeln 11. Knochen, die durch Übung 
u. Blutzuſuhr an Feſtigkeit u. Leiſtungsfähigkeit 
ewinnen. Geſchrumpfte Weichteile u. Verwach» 
fungen um die Gelenke werden gelöſt, lehztere jelbſt 
geglättet u. abgeſchliſſen. Mittelbar macht ſich die 
3. in einer Steigerung de3 geſamten Stofſwechſels 
geltend. Die beſchleuni te Atmung, der angeregte 
Blutumlauf, die lebhafter Lymphbewegung, die 
Steigerung der Hautatmung u, der Waſſerabgabe 
durch die Haut, die gebeſjerte Verdauung, die 
ſtärkere Ausſcheidung der Stoffwechſelſchla>en im 
Urin, die erhöhte Fettverbrennung, die günſtige 
Beeinfiuſjung de3 Nervenſyſtem3 durch die Übung 
derKoordinationszentren für die Gliederbewegung, 
das alle3 ſind ebenſoviele Vorteile für den ge= 
ſamten Körper. Bei beharrlichem Gebrauch, unter 
Ausſchluß jeder Übertreibung u. bei Einhaltung der 
gegebenen Vorſichtömaßregeln muß daher der Kör» 
per einen großen Nußen aus dieſer Z. ziehen. Sie 
bietet dem Menſchen, den der Beruf zu einer 
tae Lebensweiſe zwingt, die Möglichkeit, die 
ehlende Bewegung zu erjehen. Sie drückt ſich 
unmittelbar in einem großen Wohlbehagen, ge» 
ſundem Hunger- u, Durſtgefühl u. erquikendem 
Schlaſe aus. Vor allem trägt ſie Sorge für eine 
gleichmäßige Hebung aller Lebensvorgänge, die zu 
einer größern Lebenstüchtigkeit führt u. größere 
Widerſtandskraſt gegen Erkrankung verleiht. 
IV. Heilwirkung der Z. Die Z. wird mit 
großem Erſolge gegen das ganze Heer der funktio» 
nellen Störungen benußt, wie ſie bei allen nervöſen 
Krankheiten u. beſonders auch bei der Neuraſihenie 
fis zu zeigen pflegen als Schlafloſigkeit , Ver- 
timmung, Verſtopfung, Kopfſſchmerzen, Beklem- 
mungen ujw. Stauungen im Blutkreislauf, beſon- 
der3 ſolche im Venenjyſtem (Hämorrhoiden uſw.), 
werden ausgeglichen. Veraltete Entzündungsreſte 
werden aufgeſogen. Stoſſwechſelunregelmäßig» 
keiten, wie Fettſucht u. Zukerharnruhr, werden 
günſtig beeinflußt. Der andauernde Muskelrhcu- 
mati8mus verliert ſeine Beſchwerden uſw. --- Da- 
gegen iſt die Z. zu unterlaſſen bei allen anſie>en- 
den Krankheiten od. eitrigen Bildungen, bei denen 
die Bewegung eine Ausbreitung der Anſtekung 
ermöglicht. Cbenſo ſprechen entzündliche Knochen»- 
krantheiten, Gefäßkrankheiten (Venenentzündung, 
Aneury3ma uſw.) ſowie ſchwere Lungen» u. Herz- 
krankheiten od. bößartige Neubildungen gegen den 
Gebrauch der Z. 
V. Der Erziehungswert der Gymnaſiik 
kommt ſchon in ihrer Benußung als Schulturnen 
(ſ. Turnen) zum Au3druk. Da aber dieſes mit 
den Schuljahren aufhört, ſo iſt e3 wünſchenswert, 
daß die Schüler beiderlei Geſchlechts ſrühzeitig 
über die hohe Bedeutung der Z. aufgeklärt werden, 
damit ſie dieſe ſich zur Gewohnheit werden laſſen. 
Auch die zahlreichen Turnvereine können ſie nicht 
erjezhen. Die volle Bedeutung der Bewegungs- 
lehre für die Bädagogik hat un3 aber erſt ihre 
Zinzendorſ, Nikolaus Ludwig -- Ziſterzienſer. 
 
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Verwendung bei der Erziehung der Schwach» 
ſinnigen erkennen laſſen. Denn das Bewegungs» 
Heilverfahren bildet geradezu die Grundlage der 
ejamten Schwachſinnigenerziehung ; bei den tief- 
tehenden Zdioten iſt e8 der Inbegriff der Er- 
ziehung Überhaupt (Knauer), Schwachſinnige 
Kinder leiden nur zu oft an Bewegungsſtörungen, 
idiotiſche ſelbſt an angeborner Schwäche des Be- 
wegungösſinnes. Die äußern Sinnesreize, die beim 
eſunden Kinde zu immer erneuten Bewegungen 
führen wodurch bei ſtändiger Wiederholung wach- 
endes Geſchi>d im Gebrauch von Hand u, Fuß, 
bei Mund» u. Kehlkopfmuskeln ſelbſt die Nach» 
bildung der Sprache erreicht wird, verſagen bei 
den Schwachſinnigen. Sie bedürſen ſtärkerer An- 
triebe, um eine Feſſelung der Aufmerkſamkeit in 
einem Grade zu ermöglichen, daß eine Bewegungs» 
vorſtellung entſteht u. dieſe in die zielbewußte Be» 
wegung übergeführt wird. Die Shwachſinnigen- 
erziehung hat aber Lehrformen erfunden, nac 
denen durch Wekung von genügend ſtarken Luſt» 
reizen eine ausreichende Verſtärkung der Auſmerk- 
ſamkeit idiotiſcher Kinder auf längere Zeit erhalten 
wird, ſo daß die gewünſchten Bewegungen ent- 
ſiehen, durc< deren Wiederholung u. die damit 
verbundene Übung die verkümmerte motoriſche An= 
lage gehoben wird. Auf dieſem Wege wird das 
pädagogiſche Ziel erreicht, den Körper immer mehr 
dem Willen untertan zu machen u, ſo eine geiſtige 
Entwillung dieſer Kranken zu erreichen. 
Literatur, Knauer, Bewegungstherapie (1. 
Enzyklop. Handb. d. Heilpäd. v. Dannemann, 
Schober u Schulze [1911] Sp. 324/336); H. Loſſen, 
Beitr. 3. Anwendung d. phyſikal. Heilmeth. (1905); 
D. G. M. Schreber, Ärztl. Z. (1855 u. ö.); IJ. 
Niedinger, Heilgymnaſtik (i. d. Enzyklop. d. prakt. 
Med. v. M. T. Schnirer u. H. Vierordt [1906]) uſw. 
[W. Bergmann.] 
Zinzendoxrf, Nikolaus Ludwig Grafv., 
ſ. Herrnhutiſches Erziehungsweſen. 
Ziſterzienſer (Bernhardiner), der bedeu- 
tendſte Zweigorden der Benediktiner (ſ. d.). 1. Ge- 
ſchirhte. Der Orden hat ſeinen Namen vom 
Stammkloſter Ciſtercium (== Citeaux, im Bist. 
Chälons8-ſur-Marne), das 1098 vom hl, Nobert, 
Abt v. Molesme (+ 1110), gegründet wurde. Von 
ſeinem Nachſolger, dem hl. Alberich (1099/1109) 
ſtammt die erſte Negel, da3 wollfarbige Kleid (va- 
her „Graue [auc<h „Weiße'] Mönche“) u. die 
Einſührung der Laienbrüder (Konverſen) ; vom 
3. Abt, dem hl. Stephan Harding (4 1134), die 
Verſaſſungöurkunde (Charta caritatis), die vom 
Papſt Kalixt Il. am 23. Dez. 1119 beſtätigt 
wurde u. durch die Vorſchriſt einer einheitlichen 
Oberleitung von Citeaux aus u. jährlicher Gene- 
ralkapitel ſür die Entwieklung des Z.ordens von 
größter Bedeutung war. Unter dem hl. Stephan 
trat 1112 der hl. Bernhard (3 1090 auf Schloß 
Fontaine3 bei Dijon, T 20. Aug. 1153 zu Clair- 
vauxr) in Citeaux ein, der gewaltigſte Geiſte8mann 
ſeiner Zeit, der 1115 als Abt mit 12 Mönchen
	        
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