Full text: Sulzer bis Zynismus (5)

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Trigonometrie. 
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meſſene Beſriedigung geknüpſt; ohne ſie könnte es luſtvolle Betätigung der Kräſte iſt auch noch wichtig 
nicht erhalten u, nicht gefördert werden, Das gilt 
auch von den ſinnlichen T.en des Menſchen. Von 
ihrer Beſriedigung hängt die Erhaltung des ein- 
zelnen u. der menſchlichen Gattung ab. Während 
aber in der tieriſchen Natur das T.leben im all» 
gemeinen mit angemeſjenen Schranken verknüpft 
iſt, die vom Tiere in der ſreien Natur durchweg 
nicht überſchritten werden, ſchlen dieſe dem ſinn» 
lichen T.leben des Menſchen an ſich. Cine Not» 
wendigleit in der Naturanlage des Menjc<en, ihm 
angenteſſene Schranken, z. B. in der Befriedigung 
des Nahrung3- od. Geſchlechts-T. zu ſehen, iſt 
nicht vorhanden; er kann in der Beſriedigung 
ſeiner T.e bis zur Maßloſigkeit gehen, Aber er 
joll ſie beherrſchen, u. dazu muß er erzogen werden. 
IV. Die erziehliche Behandlung der T.e hat 
die Auſgabe, den Menſchen zu dieſer Beherrſchung 
jeine3 T.leben3 anzuleiten. Dazu iſt im allge- 
meinen eine angemeſſene Befriedigung der T.e er- 
ſorderlich. Negelloſe od. ungenügende Befriedigung 
der T.e läßt ſie leicht zu übermäßiger Stärke an- 
wachſen u. bringt ſchon von früh an in das T.- 
leben de3 Menſchen eine leidenſchaſtliche Heſtigleit, 
welche die Nuhe des Gemütslebens8, die beſte 
Grundlage der Tugendentwicklung , ſtört. Das 
iſt der Fall, wenn ungenügende u. unregelmäßige 
Ernährung, mangelhaſte Neinlichkeitöpflege den 
Säugling zu ſtetem Weinen 1. Schreien veran» 
laſſen. Im Frühalter des Kindes muß Umfang 
u. Grenze der T.beſriedigung durc das Urteil der 
(Fltern beſtimmt werden. In dem Maße, wie das 
Kind heranwächſt, wie Vernunſt u, Wollen bei 
ihm zur Entwicklung gelangen, muß es lernen, 
ſich ſelbſt die nötigen Schranken zu ſehen. Eine 
Einſchränkung u. damit eine Beherrſchung des 
Begehren3 wird dem Kinde meiſt ſchon mehr od. 
weniger durch die Umſtände auferlegt: es kann 
nicht alles haben, beſißen, genießen, was jein Be- 
gehren reizt. Dieſe Beherrſchung muß aber aud) 
von der Erziehung mit Abſicht geübt werden. Das 
Kind muß bereits früh in ſeinem Eß», Spiels, 
Beſitz»T. ſich bezähmen lernen, e3 müſſen ihm 
darin ſchon zeitig Übungen auferlegt werden. Aud) 
in der Erziehung; der T.e u. Begierden macht ſich 
das allgemeine Geſe; der Übung (|. d.) geltend : 
die geübte Selbſtbeherrſchung in der Beſriedigung 
eines T., z. B. dez Nahrungs5-T., erleichtert zu- 
gleich die Beherrſchung der andern T.e. Maßloſe 
Beſriedigung eines T. führt leicht auch zu über= 
mäßiger Stärke verwandter T.e; ſo erregt z. B. 
Leckerhaſtigleit u. Unmäßigleit des Eſſens u, 
Trinken3 auch den Geſchlechts=T. heſtig, u. die 
Bewahrung der Keuſchheit hängt enge zuſammen 
mit der Beherrſchung der Gaumenluſt. 
Für manche T.e: den Bewegungs» od, Tätig» 
feit3-T., den Nachahmung3-, den Geſelligkeitss, 
den Kampſj-T., iſt die erſte Form der Betätigung 
das Spiel (f. d.). Im Spiele übt das Kind ſein 
Magen u. Können, das Bilden u. Geſtalten, ſeine 
Anpaſſung an Genoſſen. Das Spiel als freie, 
 
im Leben der Erwachſenen. Aber beim Kinde um» 
jaßt es in den erſten Jahren außer dem Vorgange 
der Ernährung das ganze Leben im wachen Zu- 
ſtande, Darum iſt das Spiel wichtig zur Beſrie» 
digung der T.e u, zur Bildung der Kräfte, Aus 
dem Bewegungs8»T. geht Spiel, Tätigkeit, Arbeit 
hervor. Was zur erziehlichen Behandlung einzel» 
ner Haupt-T.e, z. B. de3 Nachahmungs-, des Ge» 
jelligkeit8», des Tätigkeit8», des Geſchlecht8»T., zu 
MEN iſt, das iſt bei den bezüglichen Artikeln nach» 
zuleſen. 
Bernunſtgemäße Beſriedigung u. Entfaltung 
der T.e u. deren Beherrſchung iſt das Ziel, da3 
aller erziehlichen Leitung des T.leben3 vorſchweben 
ſoll. Ohne Übung im Entſagen u. Ertragen, die 
uns durch das ganze Leben begleiten muß, iſt eine 
Beherrſchung des T.lebens nicht möglich (ſ. Aökeſe). 
(3 verſteht ſich von ſelbſt, daß der Erzieher dem 
Zögling and ein gutes Beiſpiel dieſer kraftvollen 
Selbſtbeherrſjchung (ſ. d.) geben, daß er ſie vom 
Zögling nicht bloß mit Worten verlangen, ſon» 
dern ſie ihm in der Tat vorleben muß. Darum 
ſagt F. W. Foerſter mit Necht, daß jede geheime 
Selbſtverleugnung (ſ. d.) der Mutter der beſte 
verborgene Miterzieher des Kindes ſei. Hier muß 
die Erziehung ganz beſonders nicht bloß eine (Er- 
ziehung durch das Wort, ſondern eine ſolche durch 
die Tat ſein. Die Beherrjhung de3 T.lebens iſt 
das wichtigſte Stü der Sittlichkeit, die Grund- 
lage de3 ganzen Tugendſtrebens, 
Literatur. Es ſei verwieſen auf d. umſangr. 
Lit. 3. Lehre v. Willen u. d. Willensbildung. Auch 
d. Lehre v. Inſtinkt gehört hierher. Beſ. ſeien ge» 
nannt : A. Lay, Experim. Didaktik (21910) 230 ff; 
L. Habrich, Pädag. Pſychologie 11 (*1913) Kap. 2 
uv. 26; Di. Faßbender, Wollen eine kgl. Kunſt 
(21915); JI. Payot, Die Erzieh. d. Willens (dtſch 
von Voelkel, *1916); A. Eymien, 1,6 Gouverne- 
ment do 80i-möme (Par, 1910); Gillet, Charakter» 
bildung (dtſc< 1911). [L. Habrich.] 
Trigonometrie. Tas Wort T. ſtammt 
aus dem Griechiſchen, 7p!yw»9v p.erps tv, Dreie>s» 
meßkunſt, Zuerſt gebrauchte e8 Bartholomäus 
Pitisöcus (1561/1613), der das erſte vollſtändige 
Lehrbuch der T. (Heidelberg 1595) ſchrieb (vgl. 
IJ. Tropſfke, Geſch. d. Elementar-Mathemat. 11 
[1903] 195). 
1. Begriff u. Einteilung. Die T. iſt der- 
jenige Teil der rechnenden Geometrie (ſ. d.), der 
mit Hilſe der Winkelſunktionen die Figuren in der 
(fbene u. auf der Kugel beſtimmt. Von dieſen 
Winkelſunktionen werden nur no 4 angewandt 
u. in den Taſeln geführt, nämlich Sinus, Ko» 
ſinus, Tangens, Kotangens, Die früher ge- 
brauchten Sekans, Kojekans, Sinus verſus haben 
die Erklärungen: seC a == 1 : c08 3.3 C0806 2 = 
1: gin &; Sin vers x == 1 -- cos a. Sie ſind 
aus den Taſeln verſchwunden u. werden nicht mehr 
gebraucht, Leider ſriſten ſie aber no< in manchen 
Schulbüchern ein unberechtigtes Daſein, =- Die 
T. zerfällt naturgemäß in 2 Teile, die ebene T.
	        
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