Zeh ER
Wenn nun mit Hilfe diejes zweiten Alphabet das deutjche Volk in
die Lage gefegt ift, feine Sprache anderen Bölfern wenigjtens lesbar
zu machen; wenn e& ferner gezwungen ift, fich im ausländifchen jchrift-
lichen Verkehr nur diefes zweiten Alphabet3 zu bedienen, während das
erfte bloß dem Inlandsverfehr dient: jo ift nicht einzufehen, warum das
zweite bisher in unfern Schulen fo gefliffentlich hintenan gefegt wurde,
und e8 ift ferner nicht einzufehen, warum nicht diefes zweite Alpha-
bet an die erite Stelle gerückt, bez. allein gepflegt und gehandhabt
werden fol.
Ze mehr das Kaiferwort Wahrheit wird: „Deutjchland Iteht im
Zeichen des Weltverfehrs!" um fo mehr wird man gezwungen fein, fich
der Kurfivform zu bedienen. Wie lange daneben die deutjche Schreib-
fchrift gepflegt wird, ift eine Frage der Zeit. E38 ift aber mit Sicherheit
anzunehmen, daß der Deutjche einft ohne Kurrentfchrift ebenso Deutjcher
fein und ich wohl fühlen wird, wie unfere heutigen Schreiber ohne
die bes umd geliebte Frakturfchrift vergangener Tage. Wer dies oder
jenes zu Privatzweden bemugen will oder braucht, der möge e& fic) auc)
privatim aneignen. Die Zeit drängt nach Vereinfachung der Hilfs
mittel.
Die Schule fünnte die Hälfte der Schreibftunden jparen und würde
mit der anderen Hälfte mehr erreichen; denn die beiden Schriften jind jo
grundverjchieden, daß der Betrieb de3 einen Duftus dem des andern
hinderlich ftatt förderlich ift.
Was würde man wohl von einem Slavierlehrer jagen, der einen
Zögling gleichzeitig auf der gewöhnlichen Taftatur und auf der Janko-
Klaviatur ausbilden und auf beiden Inftrumenten zum Meifter machen
wollte? —
Während ich dies fchreibe, verfolgt mich übrigens unabweisbar der
Gedanke, daß wir mit unjeren Schülern in 10, 20 oder 50 Jahren wahr-
fcheinfich weder beide, noch ein oder das andere Schreibalphabet traftieren,
jondern ihnen Anweifung geben werden, mit dev Schreib-Mafchine zu
operieren. —
b)
Im vorigen Abjchnitt haben wir ung für Ein Alphabet, und zwar zu
Gunften der Kurfivfchrift ausgefprochen. Das wäre aber noch fachlich
zu begründen, und dies foll gejchehen an der Hand der Trage: