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Geſchenkbücher eignen. „Die Gottesfreundin" von Karl Gjellerup iſt ein Roman,
der in einer vergangenen Seit ſpielt, aber dod) keineswegs das iſt, was man eine
geſchichtliche Erzählung nennt. Es iſt eine religiöſe Dichtung, das Wort religiös in
ſeiner tiefſten Bedeutung genommen, eine Dichtung alſo, die es darauf abſieht, dem
Leſer die der Menſchenſeele eingeborene Sehnſucht nad) der Vereinigung mit dem Un-
endlichen, das wir gemeinhin Gott nennen, im Erleben von Perſönlichkeiten faßbar-
lebendig vor das geiſtige Auge zu ſiellen. Der Diter läßt dieſe Menſchen im 14. Jahr-
hundert leben, in dem Seitalter, da die Lehren der deutſchen Myſtiker das Werden einer
deutſchen Religion verhießen, und die äußern Lebensumſtände ſind der Seit gemäß
dargeſtellt. Das innere Leben der Perſonen aber iſt zeitlos, wie aud) der Dichter
ganz davon abgeſehen hat, etwa ihrer Sprache ein altertümelndes Gepräge zu geben.
Es iſt ein ſchönes und tiefes Bud), das uns der deutſch-däniſche Dichter da vorgelegt
hat, und es will uns ſcheinen, als komme es gerade jetzt zu einer recht gelegenen
Seit. (Pr. geb. 7 M.). Ein 3weiter Roman desſelben Verfaſſers iſt nicht im eigentlichen
Sinne ein neues Werk, ſondern die neue deutſche Ausgabe eines ſeiner Erſtlingswerke,
das ſeinerzeit unter dem Namen „Minna“ erſchien und jetzt den Titel führt: Seit id
zuerſt ſie ſah. Das Buh erzählt die Geſchichte einer problematiſchen Srauennatur, die
zwiſchen den Männern ihrer erſten und zweiten Liebe ſchwankt und dadur<h, daß
ſie den falſchen wählt, ſich ſelbſt zugrunde richtet und dem VDerlaſſenen, der die Ge-
ſchihte in der I<hform erzählt, ſchweres Leid zufügt: ein Liebesidyll, das ſich zunächſt
heiter anläßt, ſid) dann tragiſch zuſpitzt und wehmutsvoll ausklingt. Aud dieſer Roman
iſt ſehr leſenswert. (Pr. geb. 7 M.) Nit ſo hod) können wir das dritte Bud ſtellen:
Der Dlaß an der Sonne, Roman aus Rurbrandenburgs See- und RKolonialgeſchite
von Georg Lehfels. (Pr. geb. 7 M.) Es iſt eine geſchichtliche Erzählung der be-
kannten Art, die geſchichtliche Perſonen und Ereigniſſe dichteriſh frei behandelt um
ſo eine unterhaltſame Darſtellung des Lebens einer vergangenen Seit zu bieten. Wer
ſolche Büdjer liebt -- ſie pflegen namentlid unter der reiferen Jugend ihre Liebhaber
zu finden --- dem wird au dieſer Roman, der dichteriſc) etwa auf der Höhe der
Schredkenbachſdjen ſtehen mag, Sreude maden.
Eine Erzählung, die in ihrer Art dem Robinſon verwandt iſt, hat a. Th. Sonn-
leitner unter dem Titel „Die höhlenkinder"“ veröffentliht. Die Geſchichte ſpielt
im 17. Jahrhundert. Dur<h eigenartige Derwickelungen bringt aber der Derfaſſer
ſeine beiden Helden, einen Knaben und ein Mädden, in eine äußere Lebenslage, die
ganz derjenigen der Höhlenmenſchen vorgeſhi<htlicher Seit gleiht, und der Leſer er- -
lebt nun anſchaulich dieſes Höhlenmenſc<henleben mit, Die lehrhafte Abſicht überwiegt
unzweifelhaft -- ein Beweis dafür ſind auch die in eigenartiger Weiſe auf den Rand
der Buchſeiten gedruckten Gegenſtandsbilder --- aber nichts deſtoweniger iſt die Leſung
der Geſchichte recht ſpannend und unterhaltend. Aud dies Buch wird vor allem
jugendlichen Leſern Sreude bereiten. (Kosmos, Geſellſchaft der Naturfreunde, Geſchäfts-
jitelle Srank>hſche Verlagshandlung. Pr. geb. 6,20 M.)
Im Selbſtverlage des Herausgebers, des Lehrers Valentin Hopf in Saalfeld, iſt
erſchienen: Oſt-Thüringer (Saalfelder) Sagenbüdlein. Die Dolksfagen des Kreiſes
Saalfeld und ſeiner angrenzenden Gebiete. Mit einer Abhandlung über die niedere
deutſqe Mythologie. -- Das Büdlein ſtellt dem Heimatſinn und dem Sammlerfleiß
des Herausgebers ein gutes Seugnis aus. Aud die einleitende Abhandlung, die zum
tiefen Verſtändnis man<her Sagen dankenswerte FSingerzeige gibt, wird den Leſern
willkommen ſein. (Pr. 1,75 M.)
Der Verlag von B. G. Teubner in Leipzig hat vortrefflih ausgeführte Poſt-
karten nad) ſeinen Wandbilderreihen, den Rünſtlerſteinzeichnungen, den herr-
lichen Diefenbac<hſchen Wandfrieſen, den Rinderfrieſen, Schäfers Bildern zur heiligen
Schrift uſw. Herſtellen laſſen, die zunächſt als Klein-Runſtwerke um ihrer ſelbſt Willen
geſchäßzt zu werden verdienen, dann aber aud den Wunſch wecken mögen, die großen
Urbilder gerahmt als Simmerſchmuk zu beſitzen. Von dieſen großen Wandbildern
ſind au wieder neue Blätter erſchienen, 3. B. ein fein abgeſtimmtes Stilleben „Feld-
blumenſtrauß" von Marquard, ein farbenfrohes Bild von W. Schadt, Tage der
Roſen und eine ſtimmungsvolle Abendlandſ<haft von R. Bieſe, „Scheidender Tag".
Aus der Reihe der älteren Bilder, an die dur<h die Poſtkarten die Erinnerung ge-
weckt wird, möchten wir hervorheben H. v. Volkmanns „Wogendes Kornfeld“,
Oßwalds „Maientag“, Georgis „Poſtkutſche“ und Ernſt Liebermanns „Im Park".
Don vornherein in Poſtkartengröße gedacht ſind ein paar reizende Sherenſchnitte von