VoM BÜCHERTISCH.
Monatsbeilage zu den Deutschen Blättern für erziehenden Unterricht,
Herausgegeben von
Mai, 1894.
FRIEDRICH MANN.
Nr. 5.
Inhalt: 1. Jugend- und Volkslitteratur: G, A, Gräbner, Robinson Crusoe.
Jugend-Gartenlaube. Coraelia von Levetzow, Neue Tage. Emil Rittershaus,
Spruchperlen heitrer Lebenskunst. C. Ziegler, Dichter im deatschen Schulhause. Gustav Gerok, Karl Gerok. George Kennan, Zeltleben in Sibirien. -- 4. Zur
Litteratur der Naturkunde: A. Hummel, Leitfaden der Naturlehre.
Naturlehre, G. Diedrich, Aufsätze aus dem Gesamtgebiete der Naturkunde.
Physik und Chemie. O. Twiehaugen, Naturlehre für Volksschulen.
Natur. L. Bugemann, Chemie für Volksschulen.
1. Jugend- und VolkSlitteratur.
Besprochen von H. GRoSSE in Halle a. S.
G. A. Gräbner, Robinsgon Crusoe. Mit Unterstützung von Ge-
lehrten und Schulmännern für die Jugend bearbeitet. 21. verb.
Auflage. Pracht-Ausgabe. Mit 4 Farbendruck- u. i2 Tonbildern,
Sowie 54 Holzschnitten und 2 Kärtchen. XII u. 404 8. Leipzig,
Gustav Gräbner, 1890. Geh. 4 M 50 Pf, eleg. geb. 4 M 80 Pf.
Die Gräbnersche Robinson - Bearbeitung, bevorwortet von
Kühner, Ziller und Biedermann, gilt mit Recht als die vbeste
deutsche Bearbeitung der Defoe'schen Jugendschrift, die man »einen
Katechismus ebensowohl der ersten religiögen Empfindungen -- wie
Sie für die früheste Stufe des Kindesgalters Sich eignen -- als der
ersten volkswirtschaftlichen, kulturgeschichtlichen und lebensphilo-
SOphischen Anschauungen nennen kann« (Biedermann). Damit dem
jugendlichen Leger die Urzustände der Menschheit, der Wert der
Arbeit. der Erfindungen und Gewerbe und der Sozialen Zustände
überhaupt klar werden, läſst Gräbner, wie Rousgeau bereits ge-
fordert und wie es Campe gethan bat, den Robinson nicht nur allein
auf geiner Inge] und ohne Beistand gleichartiger Wegen gein, Sondern
auch aller künstlichen Werkzeuge entbehren. Die Belehrungen, welche
Sich als notwendig erwiegen , Sind der Erzählung einverwebt, die
Reflexionen treten aus dieger gelbst heraus. Wenn nun auch alles
leere Moralgeschwätz vermieden ist, 80 ist die Bearbeitung doch von
echt ehristlichem Geiste durchdrungen und wird auf die Jugend zitt-
lich bildend einwirken. Die dem Campeschen Robinson anhaftenden
geographischen und naturwisgenschaftlichen Unrichtigkeiten Sind be-
Seitigt. Der Stil ist dem kindlichen Alter angemegsen.
Jugend-Gartenlaube. Farbig illustrierte Zeitschrift zur Unter-
haltung und Belehrung der Jugend. Für die Redaktion verantwort-
lich: Schuldirektor Albert Bichter in Leipzig. Bd. 1. 288 S8.
Nürnberg, Verlag der Kinder-Gartenlaube, 1892. 2 M. Preis des
einzelnen Heftes 25 Pf.; monatlich 2 Hefte. Abonnement viertel-
jährlich 1 M.
Einen früheren Band dieger vorzüglichen Jugend-Zeitschrift
»Kinder - Gartenlaube« Bd. IX) haben wir in D. BI. 1891 S. 414 be-
Sprochen. Auch die vorliegende Fortsetzung des dankenswerten Unter-
nehmens verdient die wärmste Empfehlung. Sie steht nach Inhalt
und Ausstattung dem Früberen durchaus nicht nach. Der Band ent-
hält 1. Gedichte; 2. Erzählungen; 3. Märchen und Sagen; 4. Geschicht-
liches und Biographisches (z. B. Uhland, Rob. Reinick, Alb. Dürer);
5. Von Land und Leuten (z. B. Hamburg); 6. Naturgeschichtliches;
7. Verschiedenes.
Cornelia von Levetzow, Verf. von »Geschichte eines Jungen Mädchens«,
Neue Tage. Erzählung, aus dem Dänischen übergetzt von
G. Johannes. 135 8. Schwerin i. M., Verlag von Fr. Bahn,
1893. KEleg. geb. 2 M 40 Pf. .
Das Buch verdient allen warm empfohlen zu werden, die Freude
an ernster, gehaltvoller Lektüre haben, zu der man wiederholt und
gern zurückkehrt. Es erzählt, wie zwei stolze. edle Herzen, die ein-
ander entfremdet Sind, zum Herrn und zu einander zurückkehren.
Wir können nur allen Legern raten, das hübsch ausgestattete Buch
zu legen. :
Prof. Dr. Arendt, Technik der Experimentalchemie.
A. Hollepberg, Stücke aus der Physik. Prof. A. J. Löffler, Der Unterricht in der
T. G. Paust, Stoffe für den Unterricht in den Realien. ;
Dr. BF. Kiezsling und EIE. Pfalz, Der Mensch in Beziehung zur organiSschen und unorganischen
A. Sattler, Leitfaden der
A. Brotz, Die Witterung und Fruchtbarkeit etc.
Emil Rittershaus, Spruchperlen heitrer Lebenskunst. VIII u.
200 8. Berlin, G. Grote, 1893. Geb. 2 M 50 Pf.
Es ind Anssprüche froher Weltweisheit, die Bittershaus bier ge-
gammelt hat. Die gesunde Weltfreude, die Lust an wahrer, be-
glückender Liebe, an der Herrlichkeit der Natur, am funkelnden Wein
wird hier in pointierten Sprüchen gepredigt und man lauscht gern
einmal] den fröhlichen Propheten des Lebensgenusses. Am meisten ist
neben dem Altmeister Goethe und dem Herausgeber Rittershaus, der
die Sammlung dnrch ein Stimmungsvolles Gedicht einleitet, vertreten :
Fr. Bodenstedt, E. Geibel, Hoffmann v. Fallersleben, W. Jordan,
Fr. Rückert, Frida Schanz, -). Wolff. Dieses Brevier heiterer Lebens-
philosophie -- in Form und Ausstattung den bekannten Groteschen
Diamantausgaben gleich -- wird nicht nur bei den Freunden des
Dichters freundliche Aufnahme finden.
C. Ziegler, Dichter im deutschen Schulhause. 0. J. 382 S.
Bielefeld, A. Helmichs Buchhandlung (Hugo Anders).
Unter den deutscben Schriftstellern der Jetztzeit gehört eine
gStattliche Zahl dem Lebrerstande an. Nicht uur zum Ausbau der
pädagogischen Wissenschaft und Praxis tragen die Schriftstellernden
Volksschullehrer bei, nein, in den verschiedensten Zweigen der Litte-
ratur gind gie mit Erfolg thätig. Diese Thatsache ist in weiteren
Kreigen leider nicht bekannt. Der Herausgeber will nun in dem vor-
liegenden Werke »die Teilnahme des Lehrerstandes an der poetischen
Produktion« darstellen und damit zugleich einen Beitrag zur Würdi-
gung desselben liefern. Es enthält Proben von 47 Dichtern im
deutschen Schulhause. Dem Herausgeber kam es nicht darauf an,
möglichst viele Namen zu bieten, er beschränkte zich vielmehr auf
Solche Lehrer, welche wirklich als Dichter bekannt ind, die mit
Gedichtgammlungen oder in litterarischen Blättern an die Offentlich-
keit getreten ind. Sodann legte er Sich die Beschränkung auf, alle
akademisch gebildeten Männer und Solche, welche das Schulamt nur
als ein Durchgangsstadium benutzt haben, auszuscheiden. Die bereits
gegtorbenen Dichter aus dem deutschen Schulhause werden in einem
begonderen Bande folgen. -- Die aufgenommenen Proben aus den
Werken der betreffenden Dichter sollen nach der Absicht des Ver-
fasgers möglichst die Eigentümlichkeit derselben charakterisieren,
deshalb konnten nicht allein die vorzüglichsten Leistungen zur Auf-
nahme gelangen. Die Auswahl der Proben war nicht leicht, da es
an Vorarbeiten gänzlich fehlte. Den Gedichten geht eine kurze Bio-
graphie des betreffenden Dichters voraus, die als wertvoll bezeichnet
werden muſs.
Gustav Gerok, Kari Gerok. Ein Lobensbild aus Seinen Briefen und
Aufzeichnungen zusammengestellt, 670 S. Stuttgart, Karl Krabbe,
1892. Geh. 6 M, geb. 7 N. Dim
Wie von einer Goethe- und Schillergemeinde, 80 Kann man,
wenn auch in viel bescheidenerem Sinne, von einer Gerokgemeinde
Sprechen, und in der Lehrerwelt zählt man der Mitglieder derselben
besonders viele, denn der Pädagog weils, was der gottbegnadete
Sänger und hochbegabte Prediger für die Sache der Erziehung in
Haus, Schule und Kirche gethan, wie geine Gedichte zur Vertiefung
und Erwärmung des Unterrichts von höchstem Wert sind. In dem
vorliegenden Werke zeigt Sich der Dichter der »Palmblätter« als
Mengch.