VoM BÜCHERTISCH.
Monatsbeilage zu den Deutschen Blättern für erziehenden Unterricht,
Herausgegeben von
Oktober, 1907.
FRIEDRICH MANN.
Nr. 1.
Inhalt: Zur Literatur des Religiongunterrichts, Linde, Religion und Kungt,
Meyer, Die Auferstehung Christi. Schönhuth, Methodenlehre für
den Unterricht in der Religion. Weinel, Die Gleichnisse Jesn. Meinhold, Die biblische Urgeschichte, Witzmann, Präparations-Entwürfe zu den Gleichnisgen
Jesu. -- Zur Literatur des Deutschunterrichs,
Günther, Neuhochdeutsche Sprachlehre für Präparandenanstalten.
Schroeder, Vom papiernen Stil.
Michel und Stephan, Lehrplan für Sprachübungen. Lange, Wie steigern wir die Leistungen im Deutschen? Moyer, Spiegel neudeutscher Dichtung. -- Zur
Literatur der Naturgeschichte. Michael, Führer für Pilzfreunde.
Zur Literatur des Religiongunterrichts.
Begsprochen von Paul Staude in Altenburg.
Linde, Ernst, Lehrer in Gotha, »Religion und Kunst«. Ein
Yortrag. Mohr (P. Siebeck), Tübingen und Leipzig. Geheftet
0,50 M. (Aus der Sammlung »Lebensfragen« v. Weinel.)
Eine vortreffliche Schrift! Für die Gegenwart ist es in der Tat
eine »Lebersfrage«, ob gich die Religion durch die Kunst ergetzen
läßt. L, verneint diese Frage, indem er auf die autonome Stellung
der Religion und die im Vergleich zur Kunst ungemein höhere
funktionelle Bedeutung dergelben hinweist, ohne die nahe Ver-
wandtschaft beider Gebiete zu verkennen. Für den Schulmann ins-
begondere gind interesgant die Bemerkungen auf S. 11, 13, 14, 15, 16,
die gich auf das Memorieren golcher Stoffe wie Psalm 13, die logische
Gliederung der herrlichen Erklärung des 2. Artikels u. a. beziehen.
Meyer, D. Arnold, Die Auferstehung Christi. Mohr (P. Siebeck),
Tübingen und Leipzig, 1905. 368 8. Preis geh. 3 M, geb. 4 M.
Nach eingehenden, für den Laien nicht leichten Darlegungen
kommt Verfasger auf S. 213 ff. zu folgendem Ergebnis. Die 1. Korinth.
15, 5--8 genannten Erscheinungen Christi gind geschichtlich. Über
den Verlauf der anderen Erscheinungen hatte die Gemeinde keinerlei
Sichere Kunde, Die Berichte der Evangelien gind gämtlich das Er-
zeugnis der in der Gemeinde wirksamen Angchauungen, Glaubens-
richtungen und Bedürfnisse 8o0wie einer fortgesetzten Ausmalung,
Umgestaltung und Augeinanderlegung ursprünglich einfacher Züge.
Begonders einflußreich war die Abgsicht und Notwendigkeit der Ver-
teidigung. Die betreffenden Erscheinungen gind nun als YVigionen
anzusprechen. Als Solche gind gie ein Beweis für die Gewalt, mit
der Jegus die Gemüter geiner Anhänger gepackt und zugleich aus-
gerügtet hat, ein Beweis also für die Größe und Unbegiegbarkeit geiner
Persönlichkeit, für das unbezwingbare, den Tod überdauernde und
überwindende Leben in ihm, I1ngofern gind gie auch gegchichtlich
hervorgerufen durch ibn, der einst auf Erden wandelte und auf geine
Umgebung 80 mächtig wirkte. In diegen Erscheinungen haben die
Jünger ihn und zugleich gich gelbst wieder gefunden und haben 80
aller Welt und auch uns die Botschaft von ihm und ihn gelbst bringen
können, 80 daß nun auch wir g8ein Leben verspüren und durch ihn
immer wieder zu neuem Leben erweckt werden.
Am Schlugsse erörtert Verfasger auf S. 316--336 die Frage: Wie
gestaltet aich uns heute die Auferstehungsbotschaft ? Welches ist die
bleibende Wahrheit der Auferstehungsbotschaft für uns ? --
Das Buch bildet einen Teil der Weznrel Schen Sammlung »Lebens-
fragen«, welcbe denen dienen wollen, die in den überlieferten Formen
der Religion und Sittlichkeit VYerstand und Herz nicht mehr zu be-
friedigen vermögen und gich im Kampf um die Weltanschauung nach
Klarbeit und Kraft, nach neuem Lebenginhalt Sehnen. Begonders
wenden gie gich auch an die Lehrer. Und dies wird nicht ver-
gebens gein ! |
Schönhuth, Lic. theol. Ottomar, Methodenlehre für den
Unterricht in der Religion. Ebenda, 1904. Preis geb. 1,80 M.
Eine Anleitung »zum Katechigieren« für Junge Geistliche.
Darum finden wir hier allgemeine methodische Bemerkungen wie auf
Sv. 1--34, die doch eigentlich nicht dem Religionsunterrichte allein
gelten. Im 2. größeren Abschnitt wird die spezifiSche Methode des
religiögen Unterrichts behandelt, im 3. der Entwurf und die Durch-
führung der einzelnen Katechese. Dort wie hier geht Verfasger gehr
in die Breite. Im 4,, dem wichtigsten Abgschnitte, wird die Be-
Oels, Lehrbuch der Naturgegschichte.
bandlung der verschiedenen Stoffs des religiögen Unterrichts vor-
geführt.
Etwas schnell fertig ist Verfasger ungeres Erachtens mit der
Lehre von den formalen Stufen. Diese gind ihm zu kompliziert.
Dabei häit er merkwürdigerweise die Stufe der Methode für über-
flüssig. Er meint, die Gegschichte werde dann bloß behandelt als
eine Sammlung von Exempeln, wie es den Braven gut und den Bögen
Schlecht geht. Statt auf diese Lehre einzugehen, beschäftigt sich
Verfasger gehr eingehend mit der Frage und den logischen Formen
des Unterrichts. Das mutet einem fremdartig an. Wir denken beim
Unterricht in der Religion doch in erster Linie an die biblische Ge-
Schichte mit ihren lebensvollen Persönlichkeiten. Verfagser denkt zu-
erst an Sprüche oder Gebote, über die katechisiert wird. Für unseren
Unterricht ist der Spruch nichts Selbständiges, 80ndern in und mit
der Gegschichte zu Gebendes. Verfasger denkt also nicht an ungeren
Schulunterricht, Sondern wahrscheinlich an »Kirchliche« Katechesen.
Damit ist nicht gegsagt, daß in diegem Buche nicht auch auf die Be-
handiung der anderer religiögen Stoffe hingewiesen wird.
Wie der Lehre von den formalen Stufen, steht Verfasser auch der
Religion als Gesinnungsunterricht nicht freundlich gegenüber. »Viele
Lehrer (!) haben -- das Zeug nicht, den religiögen Stoffen die nötige
ethische oder erbauliche Wendung zu geben.« »Das fortgegetzte
Moraligieren kann einem die Freude an der Moral und in diegem Fall
dann auch an der Religion verekeln.« --
Wir halten dafür, daß es in der pädagogischen Literatur besgere
Quellen gibt für eine »Metbhodenlehre für den Unterricht in der
Religion« als dieses Buch -- auch für Geistliche,
Weinel, Die Gleichnisse Jesu. Leipzig, Teubner. Preis 1 M.
In diegem Büchlein werden in Sehr brauchbarer Weise begonders
die Arbeiten Jülzchers über die Gleichnisreden Jesgu dargelegt.
Jülzchers Werk liest aich für den Nichttheologen Schwer. Um 80
dankbarer ist diese Schrift Weznels zu begrüßen, denn es ist wahrlich
nötig, die Einheitlichkeit der Gleichnisss Jeu und die nötige Ab-
lehnung einer allegorischen Auslegung weiteren Kreisen darzutun.
Meinhold, Die biblische Urgeschichte. Boun, Marcus' & Webers
Verlag, 1904. Preis ?
Eine gemeinverständliche Darstellung, die wehl zu dem besten
gehört, was die kritische Richtung auf diegem Gebiete geliefert hat,
wenn gich auch diese Schrift hier und da nicht ganz glatt liest.
Aber ist's nicht mehr eine Schrift für Theologen ? Durchaus nicht.
Wie aufklärend besonders auch für Lehrer gie ist, dafür nur zwei
Belege. 1. Moss 1, 6--8 redet von der »Feste«. Nach der An-
Schanung des Erzählers ist der Himmel eine feste Masse, ein festes
Gewölbe, ruhend auf Bergsäulen, mit Öffnungen und Türen. Dieges
Firmament goll nun eine Scheidewand für das Wasger Sein : über ihm
wird ein unerschöpfliches Meer gedacht, das durch geöffnete Schleusgen
Regen zur Erde fließen läßt. -- 1. Moge 14 ff. wird die Schöpfung
der Gestirne erzählt, Diese Geschöpfs des Herrn bilden den Anfang
der Gruppe der lebenden Wegen, die geschaffen werden. Die Ge-
Stirne gind hier in nahe Beziehung zu den Engeln, dem himmlischen
Heere Jahves, gedacht, ein Hinweis auf eine alte polytheistische
Grundlage, wo die Sterne noch als Götter verehrt werden. -- Dies
als Belege, wie anregend und klärend diese Schrift Mezrholds,
Professors der evangelischen Theologie in Bonn, wirken kann. Be-
Sonders belehrend Sind auch die Einleitung und die »Schlußbemerkungen«
der einzelnen größeren Abschnittse,
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