Full text: Schulblatt für die Provinz Brandenburg - 54.1889 (54)

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3. 
Albrec<t Ritſ<l's Lehre von Gott, 
dem Menſchen und dem Gotitmenſhen. 
Von Oberpfarrer Dr. Wandel. 
Seit langer Zeit iſt in der evangeliſchen Kirche Deutſchlands 
über keinen Gegenſtand ſo eifrig verhandelt worden, wie über die 
Lehre, welche der Göttinger Profeſſor der Theologie Albrecht 
Ritjchl von der Rechtfertigung und Verſöhnung aufgeſtellt und 
in einem gelehrten dreibändigen Werk, deſſen erſter Teil die Ge- 
ſchichte der Lehre, deſſen zweiter die Begründung derſelben aus der 
Schrift und deſſen dritter das Syſtem des Autors enthält, der 
theologiſch geſchulten Welt vor Augen geführt hat. Wir jagen 
mit Abſicht : der theologiſch geſchulten Welt, weil außerhalb derſelben 
ſchwerlich jemand das Ritſchl'jche Buch zurhand nehmen, oder wenn 
dies, es doch gewiß nicht leſen wird. EZ iſt, beſonders im leßten 
ſyſtematiſchen Teil, mit einer ſo eigentümlich ſchweren Feder 
geſchrieben, die Gedanken verſchlingen fich unter einander fo eng, 
der Verfaſſer bedient ſich einer ſo ſtrengen ſc<hulmäßigen Ausdru>s- 
weiſe, daß man ſich in dem Gewirr ſeiner Thejen und Antitheſen, 
feiner negativen und poſitiven Beweisführung mit ihren feſtge- 
ſchürzten Knoten, wie in einem amerikanijchen Urwald vorkommt, 
durch deſſen Schlinggewächſe der Leſer ſich einen Pfad zu bahnen 
hat, was freilich nicht anders möglich jein dürfte, als dadurch, daß 
man, die Feder ſtatt des Beile3 in der Hand, recht3 und links den 
aufgeſpürten ſ<malen Fußpfad des Gedankens von dem Gewirr 
des ſich kreuzenden demonjtrativen Beiwerks zu ſäubern verſucht. 
Hat man mit unſäglicher Geduld das verſchlungene Knäuel fein 
ſäuberlich abgerollt, al8dann ergiebt ſich das Gedankenſkelett, welches 
des Autors eigentliches dogmatiſches Syſtem darſtellt, und über 
welches zur Zeit der Streit geführt wird.
	        
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